Kranz - Ilbesheimer Westerberg Vertikale
Wir trinken eine kleine Vertikale vom Weingut Kranz aus dem Ilbesheimer Westerberg. Rieslinge aus den Jahren 2014 bis 2017.
Auf einer kurzen Tour durch die Pfalz vor einigen Monaten haben wir auf dem Rückweg einen Abstecher nach Ilbesheim zum Weingut Kranz eingelegt. Neben einigen anderen Weinen ist auch eine Vertikalenbox von vier Rieslingen aus dem Ilbesheimer Westerberg - vom VDP als Erste Lage klassifiziert - im Kofferraum gelandet. Es hätte die Box auch mit großen Gewächsen gegeben, aber ich finde es immer wieder besonders spannend auch die preiswerteren Weine eines Weinguts genauer anzuschauen. Außerdem, so war die Hoffnung, sind diese Weine schon reifer als die entsprechenden Gegenstücke aus den großen Lagen. Dieses mal sind also vier Rieslinge aus den Jahren 2014 bis 2017 im Glas.
Fangen wir an mit 2014: In der Nase buttrig, man merkt sofort die Reife des Weins, gelber, eher mürber Apfel ist auch dabei. Im Mund ist aber auf jeden Fall noch Frische zu spüren, viel mineralische Struktur am Gaumen und auf der Zunge, alles andere als müde. Mit Luft wird die Reife deutlicher, die Frucht riecht eingekocht, dazu kommt ein ganz weiches Gefühl von Holz, minimal Rauch. Die Säure ist jetzt perfekt eingebunden in das Holz-Frucht-Spiel. Überreifer Pfirsich, alles ist weich. Kante bietet die Säure hier keine mehr, alles passt zusammen, tief, komplex. Butterstreusel auf Apfelkuchen mit Karamell. Ziemlich cool.
Am zweiten Tag ist der Wein genauso weich wie am Ende des ersten Abends. Es dominieren dunkelgelbe Früchte, minimaler Firn, fast etwas Scotch in der Nase. Das Holz, die Rauchnote, die sehr reife Frucht, die Cremigkeit, da ist viel zu erschmecken.
Der 2015er hat dagegen deutlich mehr Frucht. Die Nase geht ins Exotische, Honigmelone, Zitrusfrucht im Mund. Da ist weniger Mineralik auf der Zunge. Der Wein kommt langsamer in Fahrt als die anderen Jahrgänge. Trotz nur einem Jahr weniger auf der Flasche wirkt er deutlich jünger als der Wein aus 2014. Die Säure ist viel frischer, das Holz erscheint zurückhaltender. Irgendwie fehlt gerade etwas. Entweder bräuchte der Wein an diesem Abend mehr Spannung oder mehr Reife, so schwebt er irgendwo dazwischen und kann nicht ganz mithalten.
Am zweiten Abend weiterhin kaum Holz. Zur Zitrusfrucht jetzt frischer, grüner Apfel. Es wird noch viel deutlicher wie viel jünger sich der Wein anfühlt als der ein Jahr ältere Gegenpart. Straight, mit einer schönen Säure und einer interessanten Mineralik macht er aber durchaus Spaß.
Der Jahrgang 2016 startet zurückhaltend, legt dann aber richtig los. Im Mund sehr saftig, schneidige Säure, die zusammen mit dem Holz lange die Zunge besetzt. Wirklich sehr lange. Im direkten Vergleich sicherlich der längste Nachhall. Da ist Zitrusfrucht, Kräuter in der Nase, die sich auch im Mund zeigen, Rauch am Gaumen, Grapefruit und eine Mineralik, die die Spannung aufrecht erhält. Das macht Lust bei jedem Schluck nochmal ins Glas zu riechen und nochmal anzusetzen. Das mit den zwei Jahren mehr Zeit des 14ers könnte richtig spannend werden.
Auch am zweiten Tag startet er direkt durch. Hält die Spannung, hat Ecken und Kanten, wilder als die anderen Jahrgänge ohne an Tiefe zu verlieren. Die Grapefruit aus der Nase des ersten Abends ist jetzt auch deutlich am Gaumen wahrzunehmen. Das macht Spaß!
Leider hat dann die Flasche aus 2017 eine kleine Macke. Nicht viel, aber ein Hauch nasser Pappe schwingt mit. Das ist trinkbar, lässt sich mit viel Geduld einigermaßen wegschwenken und der Wein ist dann auch in Ordnung, aber es fehlt die Tiefe und Komplexität der anderen Jahrgänge und auch in der Nase ist viel weniger los. Der Wein wirkt fragil, fällt ab gegen die anderen und läuft deshalb außer Konkurrenz. Schade.
Die anderen drei Flaschen zeigen all eine große Länge und insbesondere der 2014er zeigt wie schön auch unterhalb der großen Weine eines Weinguts die Flaschen reifen können und wie viel Spaß einige Zeit auf der Flasche bringen kann. Der spannendste Wein kommt aber aus 2016. Auch am dritten Abend zeigt er, was in ihm steckt, hat in der Mineralität sogar noch zugelegt und hat sicher noch eine tolle Zukunft vor sich.