1.3.2020

Zwei Flaschen Knewitz

Wir trinken vom Weingut Knewitz aus Appenheim die Rieslinge Hundertgulden und Steinacker aus dem Jahr 2015.

Knewitz bezeichnet sich selbst als Weingut am Meer. Das mag auch für die Erde vor gar nicht allzu langer Zeit so gewesen sein, für uns Menschen ist es aber ziemlich lange her. Heute ist das Meer einige hundert Kilometer weit entfernt und was geblieben ist, sind die Kalkböden vom ehemaligen Riff auf denen heute die Reben wachsen. Zwei Weine aus den besten Lagen des Weinguts Knewitz haben wir dieses mal im Glas gehabt: Einen Riesling aus dem Hundertgulden und einen aus dem Steinacker, beide Jahrgang 2015, also leicht angereift. Mal sehen, ob man das Meer schmeckt.

Der Hundertgulden zeigt direkt nach dem Öffnen eine intensive Frucht, viel Steinobst, etwas Klebstoff, nasser Stein. Am Gaumen ist viel Extrakt und ordentlich Zug. Die Struktur bestimmt das Mundgefühl mit einer schönen Würze hinten raus. Liegt der Wein dann auf der Zunge wird die Nase gelber, reifer und etwas Pfirsich kommt dazu.

Der Klebstoffton verschwindet über den Abend komplett. Der Wein wird cremiger und gleichzeitig fühlt die Säure sich kerniger an. Sehr dicht, im Mund und in der Nase. Viel Apfel, noch sehr frisch und schwer festzunageln. Da passiert zu viel. Es kommt auch sowas wie Süße dazu, obwohl der Wein mit um die 1 Gramm Restzucker bei über 9 Gramm Säure wahrlich nicht zu den restsüßen Exemplaren zählt. Die Säure merkt man ihm auch an. Trotz der Zeit auf der Flasche macht das noch ordentlich Zing an den Lippen und der Zunge.

Am zweiten Tag merkt man ihm die Reife dann mehr an. Es kommt etwas Aceton dazu, etwas Dosenananas, gelber Apfel. Die Frische verliert er aber nicht.

Viel verhaltener nach dem Aufziehen ist der Steinacker im Glas. Im Vergleich zur intensiven Nase beim Hundertgulden ist erstmal Flaute angesagt. Man erahnt etwas Cremigkeit, etwas Frucht, aber viel kommt nicht. Ganz anders auf der Zunge: Da geht direkt die Post ab. Viel Zug, super lang, geradeaus, ordentlich Säure, Grapefruit, knochentrocken, null Anzeichen der Jahre auf der Flasche.

Etwas Luft bringt die Nase dann nach Vorne. Interessanterweise, und ganz im Gegensatz zu meiner Erwartung, zeigt sich nach den ersten Schlucken da schon etwas Alter. Da ist Butterkuchen, relativ cremig, etwas Honig, Aceton und Steinobst. Auf der Zunge ändert sich aber nichts, da bleibt der Wein saftig, kompromisslos, schlank mit einer wirklich enormen Länge.

Das verändert sich auch am zweiten Tag nicht. Mehr Grapefruit kommt dazu. Das Spiel zwischen den Reifetönen beim Riechen und der frische und Kraft beim Trinken macht viel Spaß. Ich denke, dass beide Weine noch ein paar Jahre im Keller liegen könnten, aber für mich ist das gerade ziemlich auf dem Punkt. Der Steinacker ist eher der Meditationswein, braucht mehr Aufmerksamkeit gerade, hat mehr Kraft. Und mit dem Hundertgulden lässt man den Abend dann ausklingen.

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