Zwei Flaschen L'Arbre Viké
Wir trinken zwei Weine vom Weingut L'Arbre Viké: Den Rosée und den Le Gars Met en Bouteille aus 2019
Jetzt ist die Zeit im Jahr, zu der die Vorfreude auf neue Moselweine bei uns am größten ist. Würden wir doch eigentlich nur eine Woche später genau dort von Weingut zu Weingut tingeln und im Rahmen von Mythos Mosel unzählige frische Weine probieren. Aber dieses Jahr ist bekanntlich alles anders. Also nach vorne schauen, auf 2021 freuen und doch auch ein bisschen in Erinnerungen schwelgen ans letzte Jahr. Eine der Stationen, die in Erinnerung geblieben sind, ist der Staffelter Hof und seine Gäste aus Lothringen. Insbesondere die Weine vom Weingut L’Arbre Viké haben uns letztes Jahr wirklich gefallen. Da aber Jan Tailler, der Winzer, nur relativ kleine Mengen produziert und auf die Frage, wo wir die Weine denn hier kaufen könnten erstmal nur mit den Schultern gezuckt hat, hatte ich mich schon damit abgefunden die Weine nicht so schnell wieder im Glas zu haben. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass es über den Staffelter Hof eine Onlineprobe gab mit exakt den Gästen des letzten Jahres und ich trotz verpasster Probe das Paket doch noch kaufen konnte. Der typische Wein aus dem Anbaugebiet ist der Gris de Tôul, ein Rosé aus hauptsächlich Gamay, der wie ein Weißwein hergestellt wird. Bei L’Arbre Viké heißt dieser Rosée, enthält noch ein kleines bisschen Pinot Noir, und darf zusätzlich noch sechs Monate in Holzfässern reifen. Dazu trinken wir noch den Le Gars Met en Bouteille, ein reinsortiger Gamay, der ebenfalls sechs Monate im Holz lag. Beide Weine sind aus 2019, werden nicht gefiltert und es wurde kein Schwefel zugesetzt. Jan Tailler macht erst seit 2015 Wein an der Côtes de Tôul und ist gerade in der Umstellung für die Bio-Zertifizierung, die mit dem Jahrgang 2020 dann abgeschlossen sein wird. Vom Anbaugebiet selber hatte ich vorher nie gehört und das ist ein Jammer und gleichzeitig auch ein Grund, warum solche Veranstaltungen eigentlich so toll sind.
Der Rosée startet naturweinig mit viel Apfelschale. Schöne Säure, sehr frisch und ein bisschen unrund. Manche Schlucke sind ein bisschen zu alkoholisch, dann aber auch wieder nicht, zwischendurch kommt Hefegebäck, aber auch nicht immer, hier ist noch Findungsphase angesagt und viel Luft wird empfohlen. Hinten raus kommen Beeren mit einer schönen Struktur und starker Veränderung unter Lufteinfluss. Es war ein Fehlschluss nur den Roten schon einen Abend früher zu entkorken, aber Zeit zurück drehen ist schwerer als das Glas intensiv zu schwenken. Dabei wird der Inhalt immer strukturierter, fast kantiger, der Alkohol wird besser eingebunden und zum jetzt riechbaren Pfirsich kommt eine gewisse Cremigkeit am Gaumen, dann Birne und dazu immer eine ordentliche Portion Most.
Über Nacht setzt sich diese Entwicklung fort. Die am Anfang so präsente Apfelschale gliedert sich mehr ein, der Pfirsich wird stärker, im Mund kommt eine Note kalter Früchtetee dazu und gezogen wird alles von der sehr präsenten Säure. Das ist ein perfekter Sommerwein, der sich aber im Keller noch ein bisschen sammeln dürfte.
Wie schon angesprochen, haben wir den Le Gars Met en Bouteille einen Abend vorher entkorkt. Direkt aus der frisch geöffneten Flasche kommen rote Beeren ins Glas, ein bisschen Holz und eine Note Schokoriegel mit Himbeerfüllung und leider auch ein gewisser Mangel an Definition.
Über Nacht kam wohl jemand vorbei und hat im Kühlschrank die Einzelteile neu einsortiert und kräftig nachgeschärft. Die Entwicklung ist enorm. Intensive Kirschfrucht, Vanille und dazu eine tolle, feine Zimtnote zu den weiter vorhandenen roten Beeren. Sehr klar jetzt, geradeaus, fokussiert und schlank. Eher kühl, eher wenig Gerbstoff, der Zug auf der Zunge, die Lust auf den nächsten Schluck kommt aus der Säure. Mit mehr Luft kommt neben dem Zimt noch etwas Kardamom und Zwetschgenhalbgefrorenes. Leicht angekühlt macht das richtig viel Freude.
Genau so geht es auch einen Tag später noch weiter, wobei ausführliche Beobachtungen mangels Flascheninhalt nicht mehr möglich waren. Lief zu gut.
Das sind natürlich beides keine Komplexitätsmonster, müssen sie aber auch gar nicht sein. Die Weine kosten jeweils unter 10 Euro. Und da ist schon ohne auf das Geld zu schauen viel Spaß im Glas. Ich bin jedenfalls sehr glücklich, die Weine wieder gefunden zu haben.
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