Zwei Flaschen Kusterer
Wir trinken vom Weingut Kusterer aus Esslingen einen Chardonnay Neckarhalde aus 2017 und einen Blaufränkisch Felsen aus 2015.
Wir trinken mal wieder regional. Mitten in die Weinberge von Esslingen hat das Weingut Kusterer seine Gravitationskelter gebaut. Wenn man direkt davor steht, sind die Dimensionen beeindruckend und für die Zukunft ist auf jeden Fall die Teilnahme an einer Führung durchs Gebäude geplant. Bei diesem Einkauf haben wir nur den Verkaufsraum von innen gesehen. Macht aber nichts, man kann anschließend durch die Weinberge spazieren und hat von den steilen Terrassenlagen, aus denen der Blaufränkisch kommt, einen großartigen Blick auf Esslingen. Der Blaufränkisch ist aus dem Jahr 2015, wurde im neuen Holz gereift und im Weinberg in reiner Handarbeit herangezogen. Etwas Anderes ist in den kleinen Terrassen auch gar nicht möglich. Das Keltergebäude des Weinguts zieht sich über vier Etagen und ist so aufgebaut, dass die Weine ohne Pumpen nur über die Gravitation in eine tiefere Etage abgezogen werden können. So wird von Kusterer das natürliche Absetzen der Sedimente genutzt um Trübstoffe zu entfernen und es kann oft komplett auf eine Filtration verzichtet werden. Zusätzlich hat das Weingut noch die Lage Neckarhalde im Alleinbesitz und damit mit unter einem Hektar die kleinste Einzellage in Württemberg. Von da kommt der Chardonnay aus dem Jahr 2017.
Mit dem Chardonnay starten wir auch. Direkt nach dem Aufschrauben kommt einem cremige Holzwürze entgegen, gemischt mit ein bisschen nassem Stein. Im Mund bleibt vom Holz viel weniger übrig, als der Duft vermuten lässt. Hier zeigt es sich als schöne Würze, die Struktur gibt. Ganz weit hinten steht auch ein bisschen Obst, aber so direkt nach dem Öffnen muss man da schon ein bisschen suchen. Am Ende bleibt eine leichte Bitternote liegen. Der Wein wirkt sehr jung.
Ein paar Stunden später und zu Gnocchi in Salbeibutter legt er dann los. Die Kombination mit dem Essen bringt die zuvor so zurückhaltende Frucht richtig ans Tageslicht. Exotisch, Melone, viel schlecht geputzte Ananas, die noch ein paar holzige Augen hat, Mineralik und eine schöne Säure. Das passt perfekt.
Nach einer Nacht im Kühlschrank kommen Kräuter dazu, die Ananas wird noch intensiver, am Gaumen Vanille, Stachelbeere und hinten raus ein bisschen Cassis gepaart mit Würze. Gefällt mir gut.
Der Blaufränkisch startet mit viel Frucht. Kirsche, ein bisschen süß in der Nase, dazu Holz. Dann kommen sehr reife Blaubeeren und Rauch. Die Frucht spielt auch im Geschmack die erste Geige, da spürt man ebenfalls das Holz und nach den ersten Schlucken kommt beim Riechen Marzipan und Waldboden gemischt mit etwas Menthol dazu. Die Kirsche wandelt sich nach ein paar Stunden in Fruchtgummikirsche, aber nur in der Nase, das Menthol bleibt, die Mittrinkerin meint Bittermandel und ich sortiere das in meine Marzipanschublade ein. Dabei ist immer ordentlich Gripp aus dem Holz, das sich aber schon richtig gut einbindet.
Die Fruchtgummikirsche verschwindet über Nacht wieder, die Frucht wird dunkler, ist wirklich sehr intensiv, dunkle Beeren, weiterhin Holz, Vanille, etwas Nelke. Schöne Struktur und wirkt auf der Zunge kühler als er riecht, aber ein Leichtgewicht ist der Wein natürlich auch nicht. Das passt zum Rostbraten, oder spätestens nach dem Sonnenuntergang, wenn es draußen wieder etwas abkühlt, macht der dann auch Solo viel Spaß.