20.9.2020

Zwei Flaschen Holger Koch

Wir trinken zwei Weine aus Baden vom Weingut Holger Koch: Einen Weissburgunder Kaiserstuhl 2019 und einen Pinot Noir Herrenstück 2017.

Aus dem tiefen Südwesten der Republik, genauer vom Kaiserstuhl, haben wir heute zum ersten mal Weine von Holger Koch im Glas. Wir trinken aus der Basis einen Weissburgunder Kaiserstuhl aus 2019 und, eine Stufe darüber angesiedelt, einen Pinot Noir Herrenstück aus 2017. Holger Koch bearbeitet etwa 8 Hektar Weinberg in intensiver Handarbeit, mit viel Begrünung und unter Verzicht auf Herbizide. Der südliche Kaiserstuhl ist sicher mit eines der wärmsten Weinbaugebiete in Deutschland und in diesen Lagen konzentriert das Weingut sich auf Burgundersorten.

Wir starten mit dem Weissburgunder, von dem ein Teil der Trauben auf der Maische vergoren wurde um mehr Struktur in den Wein zu bringen. Aus dem Glas duftet es nach dem Aufschrauben nach zarter, gelber Frucht und auf der Zunge merkt man die Maischestandzeit direkt. Griffig, gepaart mit etwas Apfelschale, Mineralität und verdünnter Holunderblütenschorle. Überraschend viel Kraft und Zug und deutlich mehr Substanz und Länge als ich im Weissburgunder-Einstieg erwartet hätte. Und drum herum legt sich die charmante Frucht. Über den Abend wird der Wein voller, die Säure bleibt frisch und die Würze kräftig. Dabei aber nie bissig oder anstrengend sondern immer so, dass man gerne den nächsten Schluck trinkt. Und dann auch noch den Übernächsten.

Nach einer Nacht im Kühlschrank ist die Frucht viel intensiver geworden. Cremige Äpfel und Birnen, leichte Südfrucht, Mango oder Melone und im Mund weiter die Struktur vom ersten Abend. Das ist einer der besten Weissburgunder, die ich bisher für unter 10 Euro im Glas hatte. Natürlich ist der Wein kein Komplexitätsmonster und die Diskussion ob ein Wein jetzt über seiner Gewichtsklasse boxt finde ich eher müßig. Hier macht einfach diese Kombination aus der Frucht, der Struktur und Ernsthaftigkeit und die passende Frische ganz viel Spaß.

Der Spätburgunder wirkt, wie der Weissburgunder, auch direkt frisch und lebendig. Etwas Gerbstoff auf der Zunge, rote Frucht und erste Gewürze. Man spürt Holz, hat mentholig, minzige Aromen auf der Zunge und trotz der Kraft bleibt alles elegant und spielerisch und eher kühl. Auch hier ist die Balance zwischen der Frucht und dem Rest sehr gut gelungen und auch hier rückt mit einem Mehr an Luft die Frucht immer weiter ins Zentrum. Dunkle Beeren, Kirschen, Zwetschgenröster. Der Wein wird weicher und noch harmonischer.

Nach der Nacht Pause wird die Frucht dann so frisch, dass man meint im Glas liegen Süßkirschen gemischt mit Feige und aufgegossen mit Johannisbeerschorle. Der Gerbstoff ist jetzt so fein, dass er sich gerade so um die Frucht herum legt, ein feines Gerüst bildet und nur noch unterstützt. Zwischendurch erinnert das Aroma dann noch an Erdbeer-Sahne-Bonbons und kalten Früchtetee. Nicht falsch verstehen, süß im Geschmack ist da gar nichts, aber die Assoziation schießt einem durch den Kopf. Ich mag das.

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