Staffelter Hof - Madcap Magnus 2018
Wir trinken vom Staffelter Hof an der Mosel einen Riesling Madcap Magnus aus 2018.
Es wäre wieder einmal Zeit für Vorfreude auf das Wochenende nach Pfingsten an der Mosel. Leider muss in diesem Jahr Mythos Mosel nochmal ausfallen und uns bleibt wieder einmal nur die Erinnerung durch Moselriesling wach zu halten. Schon 2019 ist die Station im Staffelter Hof in bester Erinnerung geblieben. Zum einen aufgrund der Location selbst und zum anderen natürlich wegen der tollen Weine und Gastweingüter, von denen Eines auch schon hier aufgetaucht ist. Der Staffelter Hof gilt Aufgrund von Urkunden aus dem Jahr 862 als ältestes noch bestehendes Unternehmen Deutschlands. Das heißt, dass hier seit über 1150 Jahren Wein gemacht wird, unvorstellbar lange also. Seit 1805 ist das Weingut in der Hand der Familie des heutigen in siebter Generation Verantwortlichen Jan Matthias Klein, der seit 2005 die Zügel in der Hand hält. Was ich unglaublich beeindruckend finde ist, dass trotz der langen Tradition so viel auf und um den Hof passiert. Neben klassischen Moselweinen gibt es eine komplette Linie Naturalweine aus der auch der Madcap Magnus stammt. Darüber hinaus gibt es Weine aus solidarischer Landwirtschaft von Jan-Philipp Bleeke, es gibt Steillagenrettung im klitzekleinen Ring, es gibt eine ganze Linie für Weine aus Kooperationen mit kleinen Erzeugern, es gibt Gin und Verkostungen mit anderen Fermenten der Kellermeisterin Yamile Abad, es werden PiWis gepflanzt und und und… Eine wilde Mischung eben und ein Beweis dafür, dass auch ganz viel Tradition niemals Stillstand bedeuten muss.
Der Madcap Magnus, benannt nach dem Maskottchen des Weinguts, war der erste Natural des Staffelter Hof und damit ein Vorreiter für die inzwischen ziemlich umfangreiche Auswahl an Naturweinen vom Weingut. Er besteht komplett aus Riesling aus den besten Lagen des Hofs. Er gärt nach etwas Maischestandzeit komplett durch und liegt dabei lange im gebrauchten Holz auf der Hefe um so Stabilität und Struktur zu erhalten. Es kommt nichts dazu und es wird nichts weg genommen. Das bedeutet auch, dass der Wein ohne Schwefelgabe gefüllt wird. Die Trauben werden ökologisch angebaut und sowohl im Weinberg als auch im Keller bedeutet diese Art von Weinmachen viel Handarbeit.
Der Riesling versteckt sich aber gut. Zumindest die erste Nase hat überhaupt nichts von typisch Riesling. Was ich spannend finde ist, dass sie auch erstmal nichts von typisch Naturwein hat, denn auch leicht angegorene Apfelschale sucht man hier gerade vergebens. Der Duft wirkt kühl, die Frucht leicht exotisch und insgesamt noch ein bisschen verhalten. Es fällt mir schwer den Wein einzuordnen. Auch auf der Zunge wirkt er kühl, hat erst eine ganz feine Cremigkeit und hinten raus ordentlich Struktur. Die Würze ist toll, dazu kommt salzige Mineralität, wo dann doch der Riesling zeigt, was er aus den steilen Schieferhängen holt. Schon in den ersten Momenten wird der Wein immer intensiver und strukturreicher. Das wird noch spannend.
Die Nase bleibt im Laufe des Abends dezent. Da ist jetzt Maracuja und etwas Ananas. So richtig trifft es das Aroma aber nicht. Der Duft erinnert zwar irgendwo im Unterbewusstsein schon an die Früchte, aber es ist nicht so wie bei anderen Weinen und ganz schwer in Worte zu fassen. Dazu kommen jetzt Nüsse, ein bisschen Holz und eine Note Teeblätter nach dem Aufbrühen. Auch auf der Zunge hat eine deutliche Entwicklung stattgefunden. Der Riesling wirkt balancierter, er ist gleichzeitig strukturierter und weicher geworden, viel definierter als direkt nach dem Aufmachen. Dabei ist er aber nie ruppig oder anstrengend und ich würde ihn in dem Zustand auf eine ganz eigene Art und Weise in die Schublade Saufwein einsortieren. Was ihm natürlich auch nicht gerecht wird. Was ihm aber gerecht wird ist der Eindruck den er hinterlässt. Ich weiß nicht, ob ich Riesling so schonmal getrunken habe und diese Flasche ist nicht der erste Riesling Natural im Glas.
Über Nacht kommt etwas cremiges in die Frucht, so wie man sich leicht matschige Mirabellen vorstellt vielleicht. Zumindest die Richtung stimmt. Jetzt ist da auch ein Hauch angegorene Apfelschale in der Nase. Die Säure auf der Zunge macht richtig Spaß, der Wein ist frisch, trinkt sich wunderschön, hat hinten raus eine tolle Zitrusnote, Mineralität und feinen Gerbstoff. Heute mehr Riesling als gestern, dazwischen aber auch mit Vanille aromatisierter Tee, Kumquats und ein bisschen Orangina. Das kann man mal getrunken haben müssen.
Zusätzlich zum Wein ist ein bisschen Staffelter Hof auch dauerhafter bei uns eingezogen. Im Titelbild lassen sich im Hintergrund schon zwei Gefäße erahnen in denen Kombucha vor sich hin gärt. Kombucha entsteht durch SCOBY (das ist der leicht widerlich aussehende Schleimding oben drauf) und genau diesen SCOBY haben wir aus einem kleinen Rest Kombucha Chichamorada aus schwarzem Mais von Yamile Abad gezogen. Der wiederum war Teil eines Staffelter Hof Verkostungspakets mit Wein und anderen Fermenten im April und das Weiterzüchten hat erstaunlich gut funktioniert. Über den klassichen Kombucha aus Tee hinaus eröffnet sich jetzt ein komplettes Kapitel in einem meiner liebsten Kochbücher der Kategorie “Spannend, aber doch nur in Teilen zum Nachkochen geeignet”, dem Noma Guide to Fermentation. Ein erstes Experiment mit Apfelsaft statt Tee steht im Titelbild. Weitere werden folgen.