23.5.2021

Zwei Flaschen Mehling

Wir trinken zwei leicht gereifte 2016er Rieslinge aus dem Ungeheuer und dem Ölberg vom Weingut Mehling.

Jetzt wo es langsam wieder absehbar ist weg zu fahren oder auch einfach nur irgendwo Essen zu gehen schwelgen wir noch ein bisschen weiter in Erinnerung an vergangene Kurztrips. Die Pfalz liegt nah und so liegt es auch uns nah dort öfter mal hinzufahren und wenn man mal da ist, dann ist auch jedes mal mindestens ein kleiner Zwischenstop in Deidesheim eingeplant. Mitten in Deidesheim in einem Innenhof liegt das Weingut Mehling. Zwischen den großen Namen im Ort hat man es als Weingut vermutlich gar nicht so leicht sich zu behaupten. Da hilft es auf jeden Fall, wenn die Lagennamen auf den Flaschen so auch bei den ganz Großen zu finden sind. Mehling macht als Spitze ihrer Rieslingkollektion drei Weine aus berühmten Lagen in und rund um Deidesheim. Den Wein aus dem Kalkofen hatten wir vor einiger Zeit schon im Glas, jetzt folgen die anderen beiden Weine: Einer kommt aus dem Forster Ungeheuer und der andere aus dem Königsbacher Ölberg. Die Reben werden in Handarbeit bearbeitet, die Weine ökologisch erzeugt. Seit 2014 ist die Zertifizierung abgeschlossen und das Biosiegel auch auf der Flasche zu finden. Die Weine heute sind aus dem Jahr 2016.

Leider haben wir ein bisschen Pech und die erste Flasche Ungeheuer hat einen frontalen Korktreffer abbekommen und wandert direkt in Richtung Ausguss. Glück im Unglück ist, dass ich damals zwei Flaschen gekauft hatte und wir genau von diesem Wein die zweite Flasche noch im Keller haben. Also Treppen runter laufen, Treppen wieder hoch laufen und nochmal einen Korken ziehen. Dieses Exemplar ist in Ordnung. Puh.

Der Ungeheuer startet cremig in der Nase. Die Frucht geht eher in Richtung Kernobst mit reifen, roten Äpfeln und frisch geschälter Apfelschale. Nicht so leicht angegoren wie bei vielen Naturals sondern wirklich frisch vom Apfel gepellt. Dagegen ist er auf der Zunge noch ziemlich still. Braucht vielleicht ein bisschen Luft. Mit eben dieser Luft bleibt der Wein an diesem Abend trotzdem der leisere Vertreter der beiden Flaschen. Die Säure ist schön und bringt viel Frische, die Frucht ist fein, sowohl in der Nase als auch auf der Zunge, aber er wird den verschlosseneren Eindruck nie so richtig los.

Ein Tag später sieht das anders aus. Der Wein gewinnt über Nacht total an Länge, bekommt eine intensive, mineralische Note und auch die Frucht wird klarer. Trotz der Jahre auf der Flasche braucht dieses Ungeheuer auch nach dem Öffnen nochmal richtig Zeit. Dann gefällt er uns aber richtig gut.

Der Wein aus dem Ölberg wirkt reifer in der Nase. Dezente gelbe Frucht und wenn man das Glas schwenkt und dann direkt die Nase rein hält kommt auch eine gute Portion Nagellackentferner gemischt mit Honig dazu. Das kommt auf der Zunge noch nicht an. Da wirkt der Riesling sehr frisch, hat viel Säurezug und hinten raus etwas Struktur. Und ganz hinten, nach dem Runterschlucken, bleibt eine buttrige Cremigkeit auf der Zunge liegen. Die Frucht intensiviert sich gegen Ende des Abends und es gesellt sich eine bittere Zitrusnote dazu. Eigentlich wird der ganze Wein intensiver. Mehr Würze, mehr Mineralik und zusammen mit der schönen Cremigkeit hinten raus steht das dem Wein auch richtig gut.

So bleibt das auch einen Tag später. Im Gegensatz zum Ungeheuer findet keine große Weiterentwicklung statt. Das macht aber nichts, spielen sie doch jetzt beide auf Augenhöhe. Sicher, in die Schublade für wirklich große Rieslinge würde ich die Beiden jetzt gerade nicht einsortieren. Dafür fehlt dann doch noch Komplexität und Tiefe. Aber gemessen an den 15 beziehungsweise 18 Euro, die wir ab Hof für die beiden Flaschen bezahlt haben, hat man richtig viel Riesling im Glas. Riesling, der schön reifen kann und jetzt gerade in einem Stadium ist, an dem wir richtig viel Spaß hatten. Der nächste Zwischenstop in Deidesheim darf kommen.

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