Zwei Flaschen Ina Wihler
Wir trinken zwei Flaschen Landwein von Ina Wihler: Einen Muskateller und einen La Brume, jeweils 2020.
Etiketten verkaufen Wein. Nicht nur beim Essen ist es so, dass das Auge mit isst, nein es trinkt auch kräftig mit und am Ende ist es dem Auge zu verdanken, dass diese beiden Flaschen erst im virtuellen Einkaufskorb und dann im Glas gelandet sind. Ich hatte noch nie etwas vom Landweingut Ina Wihler gehört, fand die Etiketten aber spannend und habe zugeschlagen. Die Bilder auf den Flaschen sind vom Freiburger Künstler Michael Genter. Das Weingut liegt in Ihringen am Kaiserstuhl und die Dame auf dem Muskateller trägt die dort typische Tracht. Ich finde, das passt. Ina Wihler hat den Rebbestand ihrer Großmutter übernommen und bewirtschaftet im Nebenerwerb ihre 2,5 Hektar Fläche mit viel Handarbeit nah an der Natur. Wir probieren wie schon gesagt zwei Weine von ihr. Der 2020er Muskateller stammt aus Steillagen von Löss und Vulkanverwitterungsböden. Die Trauben werden teilweise ganz eingemaischt, also intrazällulär semi-carbonique mit eigenen Hefen vergoren. Anschließend bleibt er auf der Vollhefe im Stahltank bevor er mit wenig Schwefel ohne Filtern gefüllt wird. Der ebenfalls aus 2020 stammende La Brume ist da radikalerer Natural und wird aus verschiedenen weißen Rebsorten gekeltert. Mit drin sind Weissburgunder, Müller-Thurgau und Silvaner (sofern ich den verschiedenen gefundenen Angaben vertrauen kann). Ein Teil der Trauben wird für den Wein ohne Rappen in der Tonamphore vergoren und auf der Maische gelagert. Er wird ohne Schwefelzugabe und wie man unschwer auf dem Foto erkennen kann ebenfalls ohne Filtrierung gefüllt. Beide Weine haben mit 11,5 % erfreulich wenig Alkohol.
Mit eben diesem La Brume starten wir auch in den Abend. Die Nase ist direkt nach dem Aufmachen super funky und natural. Das habe ich von Wein, der zumindest teilweise aus der Amphore kommt, aber auch gar nicht anders erwartet. Dabei ist er aber nicht anstrengend oder aufdringlich sondern erstaunlich elegant und angenehm im Duft. Wir riechen leicht matschige gelbe Frucht, Pfirsichmarmelade ohne Süße, Kerngehäuse, ein paar florale Noten und Kombucha aus Schwarztee. Auf die Zunge schafft es die Frucht aber nicht. Da kommt viel Struktur und Kühle. Die Säure hat Zug, funky ist es natürlich auch hier, aber trotzdem irgendwie auch sauber und erstaunlich saufweinig. Mal schauen, was Luft und Zeit machen.
Die Nacht macht den Wein weicher, mehr Zitrusfrucht, Grapefruit, Zitronengras und weiter der Schwarztee. Und auch die Säure bringt weiterhin ordentlich Zug auf die Zunge. Der Gerbstoff ist kräftiger als am ersten Abend, die Nase rauchiger und ein bisschen cremiger. Wenn man sich bisher nie an Orange oder Amphore ran getraut hat, damit kann man das durchaus mal wagen. Find ich gut.
Ina Wihler beschreibt den Muskateller auf der Homepage als eher karg und mineralisch. Auf die Mineralik können wir uns einigen, aber entweder haben wir bei karg stark unterschiedliche Definitionen, oder es ist einfach so, dass für mich persönlich diese Aromatik immer noch ein bisschen krasser wirkt als sie ist. Das ist zumindest so ein kleines bisschen ein Endgegner für mich. Nur für mich wohlgemerkt, weil die Mittrinkerin schnabelt das Glas schneller leer als man nachschenken kann. Die Nase ist super aromatisch. Nicht süß, nicht kitschig und ich kann die Qualität der Frucht schon anerkennen, aber die Menge an Cassis und Maracuja, die mir da entgegen schlägt ist gerade direkt nach dem Öffnen zu viel. Das geht zum Glück mit Luft etwas zurück, es wird würziger, kräuteriger und bekommt im Mund einen Touch Bitterlemon. Wenn man den Wein gerade nur auf das, was auf der Zunge passiert reduzieren könnte, dann wäre ich auch ein Fan. Die Frische, die knackige Säure, die ganz leichte Struktur, das ist wirklich gut. Ich kann mir vorstellen, dass gerade die Säure mit ihrem leichten Naturaleinschlag manchem Muskatellerliebhaber zu krass sein dürfte, für mich ist sie aber noch eingebunden und sauber genug, dass es passt. Insgesamt aber gefällt das anderen Leuten am Tisch deutlich mehr als mir und ich bleibe beim La Brume.