Kalk und Stein und Sand und Kiesel
Wir trinken vom Weingut Rings in der Pfalz eine Flasche Kalk und Stein 2019 und eine Flasche Sand und Kiesel 2018.
Ich gebe zu, dass die Möglichkeit den Titel Kalk und Stein und Sand und Kiesel zu haben nicht unerheblich zur Auswahl der beiden heutigen Weine beigetragen hat. Es war da einfach zu verlockend die beiden Weine vom Weingut Rings zusammen zu probieren. Das Weingut Rings gibt es seit dem Jahrgang 2001. Davor wurden die Trauben im landwirtschaftlichen Mischbetrieb zu Fasswein verarbeitet und nicht selber vermarket. Seit 2008 wird das Weingut von den Brüdern Andreas und Steffen Rings zusammen geführt und seit 2015 ist auch der VDP Adler auf dem Flaschenhals zu finden. Die 35 Hektar Weinberge in der Pfalz werden ökologisch bewirtschaftet. Der Kalk und Stein ist eine Cuvée aus etwa 70% Chardonnay vom Kalksteinboden und etwa 30% Weissburgunder vom Buntsandstein. Der Wein wird, so wie es auch auf dem Etikett steht, nach der spontanen Vergärung auf der Vollhefe im Holzfass für 16 Monate ausgebaut und dann unfiltriert und ungeschönt gefüllt. Der Sand und Kiesel ist ein reinsortiger Portugieser vom Sand- und Kieselboden. Er wird ebenfalls spontan vergoren und 1,5 Jahre im gebrauchten Holz ausgebaut.
Wir starten mit dem Kalk und Stein. Der riecht leicht reduktiv und hat ordentlich Mineralik dazu. Da ist etwas Holziges und kaum Frucht. Das was an Frucht vorhanden ist erinnert an Kernobst. Das wirkt alles ziemlich straight in der Nase und bleibt auch beim Trinken so. Die Säure hat ordentlich Biss ist dabei aber nicht unangenehm aufdringlich. Was richtig gut gefällt ist die salzige Mineralität, die der Wein an den Lippen hinterlässt. Vom ersten Schluck an macht das Spaß. Wir hätten auch noch eine Flasche 2020 zur Auswahl gehabt, aber ich denke, dass dem Wein etwas Flaschenreife richtig gut tut. Spüren tut man jetzt eigentlich nichts davon. Ein Jahr ist bei solchen Weinen aber natürlich auch irgendwie kein Jahr. Wir hatten den vor einiger Zeit schonmal im Restaurant und er schmeckt immer noch genau so wie ich ihn von da noch im Kopf habe. Er wirkt super kühl und die rauchig, reduktive Nase hat es mir ziemlich angetan. Mit mehr Luft wird aus dem Kernobst in der Nase eher Zitrus mit Grapefruit und Zitrone. Außerdem gewinnt er nochmal deutlich an Struktur. Immer wenn der Wein irgendwo auftaucht liest man nur Gutes. Ich kann das voll nachvollziehen.
Mit einem Tag Luft geht die Reduktion etwas zurück. Dafür wirkt der Wein jetzt sowohl in der Nase als auch am Gaumen kräuteriger. Und man hat das Gefühl, dass die Säure noch ein bisschen mehr zupackt. Auch das finde ich immer wieder spannend. Da ist natürlich niemand über Nacht vorbei gekommen und hat Säure in den Wein gekippt. Zumindest hoffe ich das. Wer weiß, wer bei uns im Kühlschrank lebt. Trotzdem verschieben sich die Geschmackseindrücke mit Sauerstoff teilweise wirklich extrem. Hier ist diese Veränderung eher eine Evolution und nicht so ausgeprägt. Etwas Popcorn ist im Duft dazu gekommen. Das war gestern noch nicht da. Der macht garantiert noch einige Jahre richtig Freude.
Der Sand und Kiesel riecht leicht dreckig und ein bisschen gestrüppig. Minimal sind da grüne Noten und dazu dunkle Frucht, Heidelbeeren, Holz, Marzipan, Leder und Würze. Im Mund ist der Wein dann viel weicher als ich nach der intensiven Nase vermutet hätte. Der Gerbstoff ist schön fein und die Frucht super frisch und auch hier ist ordentlich Säure im Wein. Mit Luft wandelt sich der Dreck in eine eher ätherisch, medizinische Note. Die Blaubeere bleibt aber und im Mund wird die Frucht immer intensiver. Das ist schon ziemlich gut. Und das obwohl er es neben dem großartigen Kalk und Stein nicht gerade leicht hat aufzublühen.
Die Frucht wird noch intensiver und dichter über Nacht. Der Gerbstoff bleibt weich, gibt aber genug Struktur und die Würze und Säure runden das Ganze dann ab. Ich würde das mal in die “Saufwein zum Essen” Schublade stecken. Und das würde ich gerne als Auszeichnung und nicht als Kritik verstanden wissen.