Zwei Flaschen Gebrüder Mathis
Wir trinken vom Weingut Gebrüder Mathis eine Flasche Chardonnay St. Morand und eine Flasche Souris Grise aus 2020.
Diese Woche wandern wir geographisch ein gutes Stück in Richtung Norden an den Tuniberg. Was allerdings gleich geblieben ist, ist der Boden. Anders als am sicher bekannteren und nur unweit entfernten Kaiserstuhl dominiert am Tuniberg, wie schon letzte Woche am Klotz, der Jura-Kalk. Ganz ähnlich wie am Kaiserstuhl sind Sonnenstunden hier keine Mangelware und der Tuniberg zählt zu den wärmsten Regionen in Deutschland. Ziemlich direkt westlich von Freiburg mitten in Merdingen am Tuniberg liegt das Weingut der Gebrüder Mathis. Mit dem Jahrgang 2020 hat im Weingut die nächste beziehungsweise jetzt aktuelle Generation das Ruder übernommen. Severin Stich und Sabeth Sedlatschek mit Team legen den Fokus vor Allem auf Burgundersorten und stellen den Betrieb gleichzeitig auf biologische Bewirtschaftung um. Obwohl es eine große Bandbreite an Spätburgundern gibt ist die Wahl auf zwei Weißweine gefallen. Wir trinken einen Chardonnay St. Morand, der nach der Handlese spontan vergoren wird und dann ein Jahr im Barrique gereift ist bevor er unfiltriert auf die Flasche kommt. Außerdem war es dem Etikettenkäufer in mir praktisch unmöglich den Souris Grise nicht zu kaufen. Ich mein, schaut das Bild an. Wie soll man da nicht zuschlagen. In der Flasche ist Grauburgunder, der nach Ganztraubenpressung und 12 Monaten im großen Holz ebenfalls unfiltriert und hier hefetrüb auf die Flasche kommt. Beide Weine sind aus dem Jahrgang 2020.
Los geht es erstmal mit dem Chardonnay. Da ist ein leichter Stinker, viel Würze und ein bisschen Holz. Frucht sucht man da am Anfang vergebens. Dazu kommt so ein ganz kleines bisschen Reduktion, wie man sie auch gerne mal in Weinen aus dem Jura findet. Auf der Zunge ist der Wein kühl und steinig mit viel Zug. Da ist ein bisschen Yuzu und Salzigkeit auf den Lippen. Das ist richtig gut.
Über die Nacht verschwindet die Reduktion komplett. Jetzt hat der Wein feine gelbe, fast schon etwas süßliche Frucht und ein bisschen Butter in der Nase. Am ersten Abend hatte der Wein mehr Druck, mehr Kante, jetzt ist er viel runder geworden, geschmeidiger. Ich will gar nicht urteilen was besser ist, weil das dann komplett Geschmackssache ist. Mir gefällt die Kante und Kontur des ersten Abends ein kleines bisschen besser. Da ist aber natürlich immer noch eine Menge Säure und Struktur im Wein. Ich glaube, dass man das ausprobieren muss und dann kann man sich entscheiden gleich auszutrinken oder einfach noch einen Tag zu warten für den Touch mehr Charme. Völlig egal, wie man sich dann entscheidet, hat man in beiden Fällen garantiert eine Menge Spaß mit diesem Chardonnay.
Der Souris Gris hat dann einen ganz ordentlichen Stinker in der Nase. Ich mag das erstmal gar nicht. Aber so leicht bin ich dann doch nicht kleinzukriegen und man riecht sich da irgendwie rein, zumindest will man das, und Luft hilft auch ein bisschen. Was fehlt am Anfang ist eine Idee wie sich der Wein entwickeln wird und nach was das eigentlich riecht. Das ist gerade eher so ein Gefühlsding zwischen mag ich überhaupt nicht und dann mag ich vielleicht doch ganz gerne aber weiß ich noch nicht so richtig. Da ist ein bisschen gepufftes Getreide, irgendwas erinnert auch an Frucht und ein bisschen Karamell ist da auch noch in der Nase. Im Mund ist die graue Maus von Anfang an aber super frisch und hat eine gute Portion Textur. Schauen wir mal.
Und Geduld zahlt sich tatsächlich aus. Der Stinker ist nach einem Tag praktisch komplett verschwunden. Ganz im Gegensatz zum Karamell, das jetzt als feines Butterkaramell mit etwas Frucht, Würze und Frische eine ganz wunderbare Nase gibt. Das ist verdammt gut jetzt und das obwohl ich tatsächlich direkt nach dem Aufmachen kurz Angst hatte, dass der Ausguss mehr von dieser Flasche trinkt als ich. Da ist Birne, Holunderblüte und etwas Fruchtsüße. Das ist unglaublich trinkig geworden, saftig und frisch. Ich glaube so krass hat sich bisher kein Wein von Angst in Richtung große Freude entwickelt wie der hier. Man sollte den ja sowieso kaufen nur um die Flasche aufs Regal stellen zu können, aber so wie sich das jetzt entwickelt hat, gibt es noch tausend weitere Gründe dafür. Ich bin richtig begeistert und traurig als er leer ist. Das ist mal wieder eine richtige Entdeckung.