Zwei Flaschen Max Ferd. Richter
Wir trinken vom Weingut Max Ferd. Richter eine Flasche Graacher Himmelreich Kabinett 2021 und eine Flasche Wehlener Sonnenuhr Kabinett Feinherb 2020.
Arschkalt ist es draußen. So kalt tatsächlich, dass die Hinterlassenschaften eines Vogels nach dem Essen am Körnerbuffet auf halbem Weg zum Boden gefroren sind und jetzt als Vogelschisseiszapfen am Balkon hängen. Genau das richtige Wetter um sich an Erinnerungen an den Sommer aufzuwärmen also. Warm war es nämlich, als wir im Juni bei Mythos Mosel waren. Und so werden wir die nächsten vier Wochen uns mit Weinen von der Mosel von diesem ins nächste Jahr und auch über Weihnachten trinken. Los geht das mit zwei Rieslingen vom Weingut Max Ferdinand Richter aus Mülheim an der Mosel. Das Weingut wurde bereits 1680 gegründet und hat so bald schon 350 Jahre Tradition auf dem Buckel. Heute sind Dirk und Constantin Richter, Vater und Sohn, für die Weine aus etwa 20 Hektar Weinbergen verantwortlich. Und diese Weinberge sind im Prinzip ein Querschnitt durch alles was an Lagen Rang und Namen hat im Moseltal und zu über 90% mit Riesling bestockt. Die Wahl heute ist auf eine Flasche Wehlener Sonnenuhr Kabinett Feinherb aus 2020 und eine Flasche Graacher Himmelreich Kabinett 2021 gefallen.
Wir starten mit der Wehlener Sonnenuhr. Die hat sehr klare, kühle Frucht, Stein und eine ordentliche Portion Kernobst. Da ist richtig viel grüner, knackiger Apfel und außerdem noch ein bisschen Mirabelle und etwas Zitrusfruchtiges in der Nase. Und auch auf der Zunge ist der Wein extrem klar, kühl und geradeaus. Das ist erst super saftig und frisch und bekommt dann hinten auf der Zunge aber noch eine leichte Textur, die sich da festkrallt, steinig und zitrusbitter ist und nach dem nächsten Schluck ruft. Die um die 20 Gramm Restzucker werden eigentlich von der Säure komplett aufgewogen, so dass der Wein eher trocken als restsüß wirkt. Ich mag das.
Da wir unterwegs waren durften oder mussten die Weine dieses mal einen Tag länger im Kühlschrank auf uns warten. Was für uns also der zweite Abend mit den Weinen ist, ist für den Wein schon der dritte Abend nach dem Öffnen. Wie erwartet macht das aber überhaupt nichts. In der Wehlener Sonnenuhr ist jetzt mehr Grapefruit statt Apfel in der Nase und weiter die Mirabelle. Und die Frische, die der Wein hat ist weiterhin richtig stark, aber, ich greife etwas vor, an das was der 2021er veranstaltet kommt sie nicht ran. Trotzdem ist das ein wunderbarer Wein.
Der Kabi aus dem Graacher Himmelreich riecht erstmal reichlich seltsam direkt nach dem Aufmachen. Ist ja aber auch noch blutjung, da kann das schonmal passieren. Das verfliegt dann aber auch sehr schnell und was dann folgt, ist so gut, dass ich direkt nachbestelle. Der Wein ist ein bisschen dunkler in der Nase, wobei dunkel ist falsch, das geht eher in Richtung Orange, die Frucht und nicht der Weinstil. Dazu aber auch Stein und auch etwas Kräuter. Die Säure ist jedoch brutal. Und auch brutal schön. Die ist so fruchtig, dass man meint man hat sich gerade Limetten und Zitronen direkt auf die Zunge gepresst. Man sollte mal testen das als Zitrussaftersatz im Cocktail zu verwenden. Das ist wirklich großartig. Und obwohl der Wein mit 50 Gramm Restzucker doch noch eine Portion süßer ist, merkt man davon nicht viel. Ich hatte ja schon an der Mosel Respekt vor 2021 und irgendwie sicherlich auch zurecht, aber wenn das so reif und fruchtig ist wie hier. Wow ist das schön.
Der Wein wird über die beiden Nächte dezenter in der Nase. Da ist ein bisschen Multivitaminsaft und weiter die Orange und jetzt tatsächlich dunkel wirkende Mineralik. Das ist schon toll wie der riecht aber irgendwie auch ein bisschen egal, weil gerade trinke ich das wegen dem was auf der Zunge passiert. Da ist inzwischen ein bisschen Laktik dabei, aber da ist auch weiter die Zitronen- und Limettenparty direkt auf der Zungenmitte. Während man trinkt winkt einem das Sodbrennen auch schon leise lächelnd von der Seite zu aber bei einer Flasche und zwei Trinkern geht das vielleicht gerade noch so. Ich will auch gar nicht wissen wie sauer das analytisch ist, wenn ich den Zucker so wenig merke. Und Elmex ist sicher auch eine gute Idee danach. Aber geil ist das halt schon.