Wöhrwag - Lemberger Herzogenberg GG
Wir trinken vom Weingut Wöhrwag aus Württemberg zwei Flaschen Lemberger GG Herzogenberg aus 2017 und 2019.
Da eine Württembergserie ohne ausreichend viel Lemberger für mich keine Württembergserie ist, gibt es heute gleich zwei Flaschen Lemberger. Und statt uns horizontal durchs Sortiment zu trinken, is es eine Mini-Vertikale (okay, es sind tatsächlich nur 2 Jahrgänge, also eher eine Mikro-Vertikale) aus dem Untertürkheimer Herzogenberg geworden. Ein bisschen mehr als 12 Hektar sind hier vom VDP als Große Lage klassifiziert und im Alleinbesitz des Weinguts Wöhrwag. Der Weinberg liegt zentral, quasi mit Blick aufs Stadion und den Abstiegskampf, im Dreieck zwischen Bad-Cannstatt, Fellbach und eben Untertürkheim und etwas südlich davon, im Zentrum von Untertürkheim findet man das Weingut. In sechster Generation verantwortet hier Hans-Peter Wöhrwag mit samt Familie die Weine und baut eigentlich vor Allem weiße Rebsorten an. Über 40 Prozent der Rebfläche sind dem Riesling vorbehalten, da fristet der Lemberger mit nur 12% Anbaufläche weit abgeschlagen sein Dasein. Aber wie schon gesagt, ich habe Lust auf Lemberger. Die Reben für die beiden Flaschen stehen auf Gipskeuperböden und die Trauben für die Weine wurden 2017 und 2019 geerntet. Wir starten mit 2017.
Der Wein riecht direkt nach dem Einschenken nach Amarenakirschen. Die guten Amarenakirschen, nicht diese hellrote, künstlich eingefärbte billige Ausrede einer Kirsche aus dem Dosenobstsalat. Die, die man tatsächlich essen will, die mit intensiver Kirschfrucht, etwas Marzipan und tiefer Zufriedenheit im Glas. Außerdem ist da Schokolade, ein bisschen Holz und viel Würze. Hach ist das schön. Die Frucht alleine könnte einen durch den Abend tragen, aber dann hat man ja noch nichts getrunken. Im Mund ist der Wein dann richtig frisch, richtig straight mit feiner aber deutlich vorhandener Textur. Und dann legt sich die Kirsche auch auf die Zunge. Das geht richtig gut los und wird mit Luft immer intensiver und kräftiger. Das ist richtig lecker.
Über Nacht wird der Wein subtiler in der Nase. Ich mag das aber immer noch sehr. Das ist perfekt rund und harmonisch. Ruhig und ausgeglichen, in sich ruhend irgendwie. Meditationswein, aber nicht ich muss über den Wein meditieren, sondern der Wein meditiert. Diese Frucht, inzwischen mehr Beere als Kirsche, der feine Gerbstoff, die Frische. Ich wünschte ich wäre besser vorbereitet gewesen, dann würde ich jetzt nämlich Rostbraten dazu essen. Oder Linsen. Ein großer Fehler meinerseits, der so nicht wieder vorkommen wird.
Der Lemberger aus 2019 ist ganz anders. Da ist ein leichter Stinker in der Nase, das ist holziger, pflanzlicher, mit viel weniger Frucht. Alles was der 2017er an Frucht hat, kann man, wenn man denn sucht, zwar auch finden, aber viel leiser, viel weiter hinten und oft auch nur in Andeutungen. Das ist viel dichter, viel intensiver, aber dadurch im direkten Vergleich auch ein gutes Stück anstrengender.
Hier war die Nacht im Kühlschrank wirklich nötig. Der leichte Geruch nach Tierstall ist zurückgegangen, was ich fast ein bisschen Schade finde, weil ich das eigentlich ganz gerne hab. Das ist immernoch intensiv und dicht, aber viel zugänglicher geworden. Da sind Pfeffer, Kirsche, Holzwürze und Kräuter. Lediglich die 14% Alkohol kann er nie so richtig verstecken. Das ist wirklich nicht nur ein anderer Jahrgang, sondern das ist ein anderer Wein und ich will und kann auch gar nicht sagen, was ich besser finde. Wenn einer der Weine, so wie hier der 2017er, einfach enorm lecker ist, dann haben es die Weine mit mehr Spannung, mehr Tiefe immer schwer. Was ich sagen kann ist, dass der Tag Vorlauf bei 2019 dringend nötig ist. Die Entwicklung über Nacht ist beeindruckend und der erste Eindruck wird dem, was es da dann zu entdecken gibt, nicht im Ansatz gerecht. Also entweder in die Karaffe schütten, ein paar Jahre warten, oder eben über mehr als einen Abend trinken.
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