Bruyère-Houillon - Ploussard 2017

Der Wein heute ist einer aus der beliebten Kategorie Trinken oder Verkaufen, die aus offensichtlichen Gründen nicht ganz so oft hier auftaucht. Nicht weil ich die Flaschen alle verkaufen würde, ich habe noch nie eine Flasche weiterverkauft, sondern weil Kaufen sich herausfordernd gestaltet, wenn man das nicht auf dem Zweitmarkt tun möchte. Deshalb kann ich die Anzahl solcher Flaschen an einer halben Hand abzählen. Wenn überhaupt. Trotzdem werfe ich bei fast jeder verkosteten Flasche kurz die digitale Suchmaschine an und da musste ich schon kurz schlucken ob der inzwischen aufgerufenen Preise. Das ist gefühlt noch viel schlimmer geworden als es bei der Flasche Chardonnay Les Nouvelles vor etwa zwei Jahren war und da war es schon unangenehm darüber nachzudenken. Aus Interesse habe ich mal in alten Newslettern gekramt und damals war der Wein auf drei Flaschen pro Person beschränkt für 45 Euro die Flasche und ich Depp habe natürlich nur Eine gekauft. Bitter, weil die ist hiermit jetzt weg. Ich schreibe trotzdem auf, wie er mir schmeckt. Zum einen für die eigene Erinnerung und zum anderen weil ich das Gefühl habe, dass die Flaschen mehr herumgereicht als eigentlich getrunken werden und das ist am Ende ja nicht der Sinn der Sache.

Ploussard oder manchmal auch Poulsard ist eine autochthone Rebsorte aus dem Jura und dort sind laut Wikipedia gerade einmal 300 Hektar damit bestockt. Das ist ziemlich wenig. Die Beeren der Sorte werden ziemlich groß und haben sehr dünne Schalen, so dass die Weine nie wirklich intensiv rot werden. Auch der Ploussard von Bruyère-Houillon ist irgendwo zwischen rot und ockerfarben und dabei ziemlich transparent und das trotz 32 Tagen auf der Maische. Die Trauben werden von Hand gelesen und von Hand durch ein Holzsieb von den Rappen getrennt. Danach werden sie in einer Maceration Semi-Carbonique vergoren. Dabei werden die Trauben ohne angequetscht zu werden, in den Gärbehälter gefüllt und vergären zum Teil ganz normal und zum Teil intrazellulär. Gefüllt wird dann ohne Filtern, ohne Schönung und auch ohne Schwefelzugabe.

Ehrlicherweise hat mir die Farbe nach dem Aufmachen kurz ein bisschen Angst gemacht. Da ist schon eine ordentliche Portion Ocker dabei, aber wenn das Licht sanft durch den trüben, sehr hellfarbenen Wein scheint, dann sieht das schon auch ganz cool aus. Der frische Geruch beruhigt dann. Das ist ein bisschen limonadig, da ist Kirsche irgendwo zwischen matschig überreif und noch leicht zu grün und auch künstlichen Kirschbonbon. Da ist ein bisschen Erde, etwas Eisen und ein bisschen Pfeffer. Das ist unerwartet komplex und obwohl der Wein natürlich funky ist auch unerwartet sauber. Auf der Zunge ist das beim ersten Schluck nicht so. Die Säure tanzt für zwei, drei wilde Schlücke fröhlich auf der Naturweinparty, überlegt es sich mit Luft dann aber tatsächlich anders und wird zahmer. Auch das kommt ehrlicherweise unerwartet. Der Ploussard ist im Geschmack eher hell, ein bisschen Orangenzeste, ein bisschen Schwarztee, etwas Gerbstoff und eben die Kirsche. Vor Allem ist das aber wirklich lang und super frisch. Das ist richtig gut.

Am nächsten Tag hat sich die Frucht nochmal stark verändert. Das riecht jetzt irgendwie nach Fruchtgummi, nach rotem Tee und nach Apfelschalen. Frisch, nicht angegoren. Diese rote Kirschfruchtgumminase hatte ich so deutlich schon lange nicht mehr in einem Wein. Dazu die Frische aus der Säure und auch auf der Zunge die Kirsche. Hier aber eher Frucht als Gummi. Der feine Gerbstoff, der wie die Säure am ersten Tag ganz kurz davor ist zu Natural, zu wild zu werden, aber eben kurz davor halt macht und eine tolle Balance findet. Das ist sauber und funky gleichzeitig und wirklich, wirklich gut. Mit noch mehr Luft geht die Frucht inzwischen in Richtung Zwetschgen und dunklen Beeren. Immer passiert etwas, immer kann man noch etwas entdecken. Und trotzdem bleibt das irgendwie auch eine Flasche bodenständiger Saufwein, der zum Räucherfisch und Brot hervorragend funktioniert. Auch bei 37 Grad vor der Türe. Das ist tatsächlich eine spektakuläre Flasche Wein. Ob es einem die in meinen Augen absolut bekloppten Zweitmarktpreise wert ist, muss wohl jeder für sich selber wissen. Mir ist es das nicht. So trinke ich ein Glas der Flasche auf die Händler, die sowas zu fairen Konditionen verteilen und lege das im Kopf zu den schönen Weinerinnerungen, die wohl nicht wieder kommen. Und, das mag jetzt vielleicht ein bisschen ketzerisch klingen, aber so super duper weit ist das auch nicht weg von dem, was hier das eine oder andere Weingut in der Gegend inzwischen aus Trollinger und Co auf die Flasche zieht. Und das ist (zumindest im Moment) deutlich einfacher zu bekommen und für einen Bruchteil des Geldes. Ob das auch ähnlich schön reifen kann, das gilt es aber noch zu herauszufinden.

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