23.7.2023

Drei Flaschen Bäder

Wir trinken vom Weingut Bäder aus Rheinhessen einen Grauburgunder Brut 2021, eine Flasche Blanc de Noirs 2022 und einen Riesling La Roche 2021.

Zurück zu Weinen, die man anders als in der letzten Woche tatsächlich auch entspannt kaufen kann. Jens und Katja Bäder haben sich im Studium in Geisenheim kennen und lieben gelernt und dann 2009 ihr gemeinsames Weingut in Wendelsheim in der rheinhessischen Schweiz gegründet. Von den anfänglich 2,5 Hektar ist die Fläche inzwischen auf 12 Hektar angewachsen, die von den Beiden ökologisch bewirtschaftet wird. Der Fokus liegt auf Riesling und Burgundersorten, was dann ja ein ziemlich breites Spektrum abdecken kann. Wir trinken einen Grauburgunder Sekt, den wir vor allem deshalb trinken, weil ich mich nicht erinnern kann mal reinsortigen Grauburgunder Sekt getrunken zu haben und ich wissen wollte, wie das schmeckt und ich natürlich Vorturteile habe. Der Sekt ist Jahrgang 2021 und wird in klassicher Flaschengärung hergestellt und mit etwa 7 Gramm Restzucker Brut gefüllt. Außerdem trinken wir aus der Basis noch einen Blanc de Noirs, der aus Spätburgunder und Frühburgunder gemacht ist. Die Trauben werden direkt abgepresst und dann im Edelstahl ausgebaut. Und zu guter Letzt noch eine Flasche Riesling La Roche 2021. In dieser Lage wachsen die Reben auf rotem, mit Sandstein durchsetztem Porphyrboden. Und dass auf dem Porphyr in der rheinhessischen Schweiz großartiger Riesling wachsen kann, wissen wir ja schon eine Weile.

Beim Grauburgunder Sekt weiß ich nicht, was ich erwartet habe, das war einfach Neugier. Er riecht auf jeden Fall sehr fruchtig. So ein bisschen nach Multivitaminsaft mit Zitrusfrüchten. Von der Duftigkeit her erinnert mich das ein wenig an den Muskatellersekt von Winterling, wenn auch deutlich weniger intensiv natürlich und ein bisschen mehr Kernobst dabei. Aber das ist auch so ein Kandidat, den ich einmal im Jahr lecker finde und dann aber wieder ein Jahr Ruhe brauche. Der Beweis dafür, dass das nur mein persönlicher Geschmack ist und sich Geschmäcker eben unterscheiden sitzt gerade gegenüber von mir. Die Mittrinkerin feiert das nämlich sehr. Ich bin mir noch nicht so sicher. Das ist frisch, der Blubber ist schön fein, das ist fruchtig und irgendwie auch ernsthaft mit ein bisschen Hefigkeit dabei. Das ist schon gut, aber eben nicht meins und das ist auch okay so.

Ganz lustig ist dann, dass es beim Blanc de Noirs umgedreht ist und ich den gerade viel mehr mag als mein Gegenüber. Normal ist das auch bei Blanc de Noirs genau anders herum. Zumindest bei Stillwein. Bei Bubbles sieht die Welt anders aus. Dieser Blanc de Noirs braucht nach dem Aufschrauben einen Moment, da er noch einen ziemlichen Hefeschleier hat, der kurz auch Bier sein könnte. Das verschwindet aber sehr schnell und wird dann durch eine feine rote Frucht gemischt mit Melone ersetzt. Die Säure ist zahm und trotzdem ist da viel Frische im Wein mit einer schönen Struktur hinten auf der Zunge. Ich finde das sehr lecker.

Die Hefe bleibt auch am zweiten Abend verschwunden. Da ist mehr Frucht jetzt, weiter die Melone und ein bisschen Orange. Das ist irgendwie geschmeidig. Beim Riechen und auch beim Trinken. Das läuft so schön entspannt den Gaumen entlang. Im Mund sind da deutlich mehr Beeren als in der Nase und überhaupt gefällt mir die Frucht ziemlich gut. Ich kann mir vorstellen, dass das ziemlich gut zum Grillen funktioniert, aber mangels Praxistest muss das ein Gedankenexperiment bleiben.

Der La Roche ist dann unerwartet fruchtig. Da ist gelbes, leicht cremiges Kernobst mit Holunderblüten. Und irgendwas Ätherisches ist da auch. Das erinnert mich an Badewasser, was immer irgendwie unangenehm klingt, aber gar nicht so gemeint ist. Im Mund ist dann schon Zug, aber dafür, dass das ein 21er ist im Vergleich zu so manch anderem Riesling sehr zurückhaltend. Interessant finde ich, dass es sehr viel straffer wirkt als der Blanc de Noirs obwohl die Analysewerte im Webshop gar nicht so weit auseinander liegen. Der Riesling hier liegt demnach bei 6,5 Gramm Säure bei 5 Gramm Restzucker. Da schreit die Trockentrinkerfraktion natürlich schon vor Schmerz laut auf, aber ich finde, dass es diesem Wein gut steht und zumindest ich muss nicht bei jedem Riesling am kargen Fels lecken. Geschmackssache eben. Das hat richtig Länge, hat hintenraus eine tolle Struktur und eine feine Kräuterwürze. Das ist schon gut so wie das ist.

Die erste Assoziation am zweiten Abend ist dann Orangina. Da ist leicht dunkle, sehr klare Zitrusfrucht. Eher orange als gelb in der Farbe. Die Frucht, nicht der Riesling. Und weiter sind da die Kräuter und ein Touch Badewasser. Beim Trinken kommt dann eine Mischung aus Orangina, Almdudler und Holunderblütensirup ohne die Süße. Da ist Struktur und inzwischen auch etwas mineralische Salzigkeit. Für mich lebt das aber von dieser Fruchtigkeit und der Aromatik. Dass das für den einen oder anderen eher wie Kritik als Lob klingt habe ich nie verstanden. Das muss zum Abend und zur momentanen Lust passen und dann ist so ein Wohlfühlriesling wie der hier sehr, sehr gut. Und wer weiß, vielleicht will ich nächste Woche dann wieder an Steinen knabbern.

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