2.7.2023

Zwei Flaschen Warnung

Wir trinken von Matthias Warnung aus dem Kamptal in Österreich eine Flasche Espere 2020 Grüner Veltliner und eine Flasche Feldstück Welschriesling 2018.

Es dürfte inzwischen kein Geheimnis mehr sein, dass ich hier und da mal Wein nur deshalb kaufe, weil ich die Flaschen schick finde und diese beiden Flaschen finde ich sogar ziemlich schick. Matthias Warnung macht im Kamptal in Niederösterreich seit 2011 Wein. Zuvor war er nach der Weinbauschule im Rahmen von Praktika unter anderem bei Tom Lubbe von Matassa im Süden von Frankreich tätig und bei Craig Hawkins von Testalonga in Südafrika tätig. Da fällt mir doch gerade auf, dass wir noch gar keinen Testalonga hier im Blog hatten und ich das dringend mal ändern muss. Mitgebracht von diesen Stationen hat Matthias das Wissen und die Lust, Wein mit möglichst wenig Eingriff im Keller nah an der Natur zu machen. Der Grüne Veltliner Espere 2020 liegt über zwei Jahre in gebrauchten großen Holzfässern im Keller bevor er mit wenig Schwefel gefüllt wird. Dass hier spontan vergoren und beim Füllen weder gefiltert noch geschönt wird erklärt sich von selbst. Der Welschriesling Feldstück 2018 wird ebenfalls für zwei Jahre im gebrauchten Holz ausgebaut.

Beim Espere ist vordergründig in der Nase erstmal nicht viel los. Das ist leise und zurückhaltend und riecht ein bisschen nach Mirabelle und sehr hellen Pflaumen und so schmeckt das dann auch. Sehr frisch, hell und irgendwie nach Zwetschge, die etwas zu früh direkt vom Baum gepflückt wurde. In der Nase kommt dann eine kleine Note Klebstoff dazu und ein bisschen Quitte. Trotz aller Zurückhaltung im Geruch kommt da richtig Zug auf die Zunge. Das ist wirklich sehr frisch, hat eine feine Struktur hinten auf der Zunge, zieht dann nochmal und klebt sich dann an den Gaumen und bleibt da. Mit Luft wird der Wein cremiger und hat jetzt mehr Kernobst als Steinfrucht.

Aus Zeitmangel und anderen Plänen war am zweiten Abend nur ein sehr kurzer Probierschluck drin. Der ist intensiver und gleichzeitig schwieriger einzuordnen. Ich finde immer noch, dass er mich an das helle Fruchtfleisch von Zwetschgen erinnert. Die Mittrinkerin riecht deutlich mehr Quitte. Komplexer ist er auf jeden Fall geworden.

Und so bleibt er dann auch. Die Frucht ist am dritten Abend ziemlich undefinierbar mit einer wilden Mischung aus Dosenobstsalat, minimalem Rauch, Mirabellen, Birnen und Pflaumen mit einer Spur Klebstoff dabei. Das klingt aber viel wilder als der Wein eigentlich ist, weil sauber ist das alles in jedem Fall und der Säurezug macht auch richtig Spaß. Nur auf grünen Veltliner würde ich ohne es zu wissen überhaupt nicht kommen. Das stört mich aber kein bisschen und ich bin ziemlich beeindruckt von dem Wein.

Beim Feldstück Welschriesling überlege ich kurz, ob das sogar noch zurückhaltender ist als der Veltliner. Das ist er aber nicht, er ist nur noch schwieriger zu fassen. Der Wein ist kräuterig, hat fast gar keine Frucht und ein bisschen Rauch. Die Säure ist genau so frisch wie im Espere, wirkt dabei aber ganz anders. Es erinnert mich eher an die Säure im Orangensaft, sehr zitrisch, sehr saftig und mit weniger Struktur aber mit genausoviel Länge. Aber auch die ist anders und mehr auf der Zunge als oben am Gaumen.

Hier bin ich dann auch froh, dass er nach einem Schluck wieder im Kühlschrank verschwindet am zweiten Tag. Da ist zwar noch die Orangenfrische aber ansonsten wirkt das jetzt wirklich sehr verschlossen.

Der Wein wird dann wieder ein bisschen offener am dritten Abend und ich finde diese Mischung aus wunderbar fruchtiger Orangensaftsäure, der daraus folgenden Saftigkeit und der kräuterig ungreifbaren Nase richtig gut. Trotzdem hatte ich so ein kleines bisschen Hoffnung, dass da mehr Entwicklung statt findet. Gar nicht, weil ich denke, dass er das braucht. So wie das schmeckt ist das wie gesagt richtig gut, aber einfach aus Interesse wo das hin will. Aber vielleicht ist es auch einfach schon da, wo es hin will. Was ich nicht sagen kann, ist, wie typisch Welschriesling dieser Welschriesling ist. Dafür habe ich die Rebsorte viel zu selten im Glas. Schon grünen Veltliner trinke ich eigentlich relativ selten, aber Welschrieslinge kann ich an einer Hand abzählen. Die beiden Weine sind irgendwie verschieden und doch sehr ähnlich. In dem was sie auf der Zunge machen, wie sie wirken, wie frisch sie sind. Sicherlich aufmerksamkeitsbedürftig, vielleicht zu sehr für manche Tage, aber gleichzeitig wird es mehr als belohnt, wenn man ihnen diese Aufmerksamkeit schenkt.

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