13.8.2023

Ata Rangi - Crimson 2019

Wir trinken aus Martinborough in Neuseeland eine Flasche Crimson 2019 vom Weingut Ata Rangi.

Der Großteil der Weine auf unserem Tisch sind irgendwo zwischen brutal regional und ziemlich regional angesiedelt. Aber hin und wieder schafft es auch mal eine Flasche von ganz weit weg ins Glas und rein geographisch ist viel weiter als diese Flasche kaum möglich. Martinborough ist ein kleines Subgebiet in der Wairarapa Region im Süden der Nordinsel Neuseelands unweit der Hauptstadt Wellington. Nur ein winziger Bruchteil der Weinmenge Neuseelands wird hier von kleinen Weingütern produziert, die noch größtenteils in Familienhand sind. Auf etwa der Hälfte der Fläche des Gebietes steht Pinot Noir gefolgt von Sauvignon Blanc mit einem Viertel der Fläche und dem restlichen Viertel aufgeteilt unter Chardonnay, Riesling und Co. Das Weingut Ata Rangi wurde hier von Clive Patton 1980 gegründet und bewirtschaftet inzwischen etwa 32 Hektar Weinberge. Clive verbringt den größten Teil seiner Zeit allerdings inzwischen damit die Natur zu schützen und Bäume zu pflanzen. Auf einem 2002 vom Weingut gekauften Stück Land wurden seitdem 75000 Bäume gepflanzt, zum größten Teil lokale Arten. Das schlägt dann auch die Brücke zum Wein heute. Dieser ist der Einstiegsspätburgunder des Weinguts aus den jüngeren Anlagen und wurde zur Unterstützung des Project Crimson so benannt und ein Teil des Erlöses kommt auch dem Projekt zu Gute. Ziel des Projektes ist die Erhaltung und Pflege der Pōhutukawa und Rātā Bäume, die um Weihnachten herum (andere Erdhalbkugel bedeutet andere Jahreszeiten) rot blühen und deshalb auch als neuseeländische Weihnachtsbäume bekannt sind. Auf dem Label seit dem Jahrgang 2020 findet man auch eine stilisierte Zeichnung einer der Blüten, falls man wissen will wie das aussieht, oder alternativ einfach direkt die Suchmaschine der Wahl nach dem Baum befragen. Die Trauben für den Wein werden nach der Handlese zum größten Teil entrappt, mit wilden Hefen vergoren und dann in Holzfässern mit 20% neuem Holz für 10 Monate ausgebaut.

Das was man dann im Glas hat ist beim ersten Riechen die olfaktorische Entsprechung von Kuscheldecke. Das ist so weich und harmonisch, man möchte rein liegen. Da ist Kirsche, etwas Veilchen, Erdbeeren und ein bisschen nasse Erde. Das ist im Ergebnis so weich und einladend, dass ich kurz vergesse, wie sehr ich eigentlich schroffe Kanten im Wein mag. Das ist einfach zu schön. Zug hat er dann aber trotzdem auf der Zunge, die Säure ist da und Struktur aus dem Holz ist da auch. Beim Trinken wirkt der Pinot dann tatsächlich viel jünger als beim Riechen.

Mit einem Tag Luft wird das Aroma gleichzeitig sowohl kühler als auch intensiver. Wobei hier die wahrgenommene Intensität enorm an der Temperatur des Weines im Glas hängt. Je wärmer der Wein, desto mehr Kraft in der Nase. Kühl wirkt das aber immer, auch wenn es mit mehr Kraft aus dem Glas kommt. Das klingt kompliziert und verwirrend, ist aber beim wirklichen Riechen viel einfacher verständlich als beim Aufschreiben und dann Lesen. Das ist kräuteriger geworden, etwas blumiger und hat noch mehr Waldboden bekommen. Sanft ist der Wein immer noch, Kuscheldecke ist er aber nicht mehr. Der Gerbstoff hat zugelegt und die Säure auch. Ich finde das ähnlich gut wie am ersten Abend und es passt richtig gut zu hohen Außentemperatur. Das ist irgendwie auch Sommerwein und zum Grillen ein Traum.

Ich bin immer noch begeistert davon wie manche Weine mit mehr Luft immer weicher werden, während man bei anderen Weinen, so wie auch bei dieser Flasche, das genau gegenteilige Gefühl hat und sie immer mehr Struktur bekommen. Mehr als ein Abend für eine Flasche Wein ist einfach immer eine gute Idee. Ich mag das hier sehr gerne und hätte schon Lust auch den Pinot über diesem Einstieg zu probieren oder sogar einen der Lagenweine. Wobei das dann schnell relativ teuer wird, da Einstieg hier auch schon um die 30 Euro bedeutet. Für mich ist dieser Wein seinen Preis aber in jedem Fall wert.

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