Zwei Flaschen Truchetet
Wir bleiben erstmal im Burgund und trinken von der Domaine Truchetet Bourgogne Hautes-Côtes de Nuits La Montagne als Pinot Noir aus 2018 und als Chardonnay aus 2019.
Wie angekündigt trinken wir noch ein bisschen weiter Weine aus dem Burgund. Es ist im Übrigen in diesen Fällen ein richtiger Glücksfall, dass ich mich fürs Schreiben und nicht etwa für einen Podcast entschieden habe. So muss ich die ganzen Orts- und Weingutsnamen nur imaginär aussprechen und in der Kommunikation mit der Mittrinkerin lässt sich das auch elegant umschiffen, da wird das einfach zur Flasche Weißwein oder Rotwein bei der Frage was wir als nächstes probieren wollen. Denn ehrlicherweise sind aus doch einigen Jahren Französisch in der Schule nicht viel mehr als Oui und Non geblieben. Und so muss ich mir jetzt auch überhaupt nicht überlegen, wie man den Ort Premeaux-Prissey oder Domaine Truchetet eigentlich korrekt aussprechen würde, sondern kann einfach schreiben, dass in inzwischen sechster Generation Morgan und Julie Truchetet die Weine im Weingut verantworten. Das tun sie seit 2019, die beiden Flaschen heute fallen also ziemlich genau in diesen Generationsübergang. Die knapp über sechs Hektar Weinberge werden biologisch bewirtschaftet und seit diesem Jahr ist auch die Zertifizierung dazu vorhanden. Der Spätburgunder La Montagne wird spontan vergoren und dann für ein Jahr in Barriques mit einem Viertel Neuholz ausgebaut. Und auch der Chardonnay, ebenfalls La Montagne, wird spontan vergoren und dann für 8-10 Monate im Holz mit 25% Neuholzanteil ausgebaut.
Los geht es mit dem Chardonnay. Der riecht kühl und eher straff so direkt nach dem Aufmachen. Da ist leicht gelbe Frucht, ein bisschen was Blumiges und ein kleines bisschen Holz. Und auch beim Trinken hat das viel Zug und ist ziemlich straff. Ich mag die Struktur, die der Wein hinten auf der Zunge hat, sehr gerne. Das Holz kommt mit mehr Luft immer deutlicher hervor, sowohl beim Riechen als auch beim Trinken. Das ist richtig guter Wein, aber irgendwie holt mich das emotional nicht ab. Und ich bin mir relativ sicher, dass das nicht am Wein liegt sondern heute einer dieser Tage ist, an denen man hundert Flaschen aufreißen könnte und keine ist so richtig geil. Manchmal ist das dann einfach so und die klügste Entscheidung ist dann Deckel drauf und ab in den Kühlschrank damit.
Und wer weiß, vielleicht ist es die Weiterentwicklung, die der Wein über Nach gemacht hat, oder es ist tatsächlich die Tagesform gewesen. Aber einen Tag später bekommt der Chardonnay mich auch auf der emotionalen Ebene. Das hat immer noch Holz, das ist immer noch kühl und straff, hat aber jetzt diese feine Cremigkeit, die zusammen mit der nicht minder feinen Frucht alles rund macht. Objektiv ist da gar nicht so viel passiert eigentlich und doch ist das für mich am zweiten Abend ein viel, viel besserer Wein. Manchmal ist das eben so. Und klar, das ist natürlich auch noch ziemlich jung. Das Holz wird garantiert noch weicher werden und die leichte Cremigkeit ausgeprägter. Aber die tolle Mineralik, das bisschen Salz, die Würze und diese innere Ruhe, die er jetzt hat, sind einfach schön.
Der Pinot Noir ist von Anfang an ein bisschen zugänglicher. Da ist Kirsche, rot-blaues Fruchtgummi und Himbeeren. Da ist eine winzige Note Grün gemischt mit etwas Wildem. Beim Trinken wir das, was in der Nase grün war dann eher ätherisch und erinnert so ein bisschen an Eukalypthus. Ich bin überrascht wie viel Struktur da auf der Zunge ankommt und nach dem ersten Schluck wird dann auch die Nase immer würziger während das Fruchtgummi gänzlich verschwunden ist. Aber auch hier, irgendwie ist da etwas zwischen mir und dem Wein. Dass die Mittrinkerin daneben steht und sagt wie lecker sie das gerade findet vereinfacht auch die Ursachensuche. Es ist wohl die Tagesform.
Und wo schon im Weißwein eine Art innere Ruhe in den Wein gekommen ist (oder von mir erst am zweiten Abend wahrgenommen wurde), passiert das hier noch deutlicher. Das ist am zweiten Abend perfekt balanciert, intensiv und entspannt zugleich. Da ist immer noch die rote Frucht, die Kirsche und ein paar Beeren sind auch dabei. Aber das ist so viel weicher geworden, das Grüne ist weg, dafür ist da jetzt Erde, Waldboden und viel Würze. Und Gewürze sind da auch, Pfeffer und vielleicht sowas wie Wachholder. Zu lernen, dass es manchmal nicht der Wein ist, sondern man selbst und dass man dann am Besten einfach nach dem Probierschluck aufhört und einen Tag wartet, hat Zeit gebraucht. Es lohnt aber, weil heute sind beide Weine ganz großartig und es wäre ein Jammer gewesen das nicht so genießen zu können. Es ist dann nämlich doch nochmal ein großer Unterschied zwischen einem guten Wein und einem guten Wein, der einen emotional mitnimmt.