6.8.2023

Zwei rote Flaschen Ziereisen

Wir trinken vom Weingut Ziereisen aus Südbaden eine Flasche Syrah Gestad und eine Flasche Schulen Spätburgunder, jeweils aus 2019.

Die letzten Flaschen Ziereisen hier sind auch schon wieder über zwei Jahre her. Es ist wirklich krass, wie die Zeit verfliegt. Ich denke mir manchmal, dass ich doch nicht schon wieder über das gleiche Weingut schreiben kann und wundere mich dann doch, wie lange das tatsächlich her ist. Und davon abgesehen geht Ziereisen eigentlich sowieso immer. Vor ein paar Wochen hatten wir eine Flasche Syrah aus 2015 in unserer (fast) lokalen Lieblingskneipe und das war so gut, dass ich die Pläne für mehr Flaschenreife dieser Flasche über Bord geworfen habe und nochmal badischen Syrah trinken wollte. Dass Ziereisen ganz im Süden des Landes auf Kalkböden richtig gute Weine macht, dürfte im inzwischen dritten Post selbsterklärend sein. Beide Flaschen heute werden vom Weingut als rote Premiumweine klassifiziert, der Syrah Gestad ist dabei alleine in der Kategorie unterwegs, vom Spätburgunder gibt es vier Weine in der Reihenfolge Tschuppen, Talrain, Schulen und Rhini. Wir trinken davon heute den Schulen. Unsere beiden Weine heute sind aus 2019 und kosten momentan knapp über 20 Euro. Wer die Weine kennt, weiß, dass die Details zum Wein auf dem Rückenetikett gleich mitgeliefert werden. Der Gestad wird über 8 Wochen auf der Maische vergoren und dann für 20 Monate im 225 Liter Holzfass mit einem Anteil von 15% neuen Fässern ausgebaut. Der Schulen steht 6 Wochen auf der Maische und liegt dann ebenfalls für 20 Monate im Fass, hier mit 10% neuem Holz. Die Reben stehen in beiden Fällen auf Jurakalk und die Weine sind mit 1,4 Gramm Restzucker beim Syrah beziehungsweise 0,8 Gramm beim Spätburgunder praktisch durchgegoren.

Der Gestad ist dunkel und würzig in der Nase. Da ist Fleischsaft, da ist ein bisschen Tierstall und da ist Frucht. Beim Riechen finden wir Sauerkirschen, aber auch Blaubeeren und Brombeeren und diese Frucht hat er auch beim Trinken. Das ist fast cremig, so dicht wirkt der Wein mit einem ganz feinen Tannin und einer tollen Säure. Klar, vielleicht zu jung, aber einfach schon auch richtig gut wie das jetzt gerade ist. Weil das aber so jung ist, bekommen beide Weine drei Abende Zeit.

Am zweiten Abend hat sich gar nicht so viel getan in der Nase. Das ist immer noch primär würzig und erinnert inzwischen auch so ein bisschen an die Lake von eingelegten Peperoncini und an eine bunte ungemahlene Pfeffermischung. Und dazu eben die Frucht. Im Mund kuschelt sich das weiter an der Zunge entlang und diese Kombination aus viel Würze in der Nase und viel Geschmeidigkeit beim Trinken ist ziemlich großartig.

Mit noch mehr Luft nähert sich das am dritten Abend dem an, was ich vom 2015er Basis-Syrah noch im Kopf abgespeichert habe. Jetzt sind da mehr Kräuter als Frucht, das ist nochmal eine Spur komplexer geworden, eine Spur tiefer. Und das würde vermutlich an Abend 4, 5 und 6 auch noch so weitergehen. Aber mit einer normal großen einzelnen Flasche bekommen zumindest wir das nie so lange hin.

Der Schulen ist leiser in der Nase als der Syrah, aber das heißt keinesfalls, dass da keine Intensität dahinter steckt. Das wirkt noch ein bisschen jünger als der Syrah und auch ein bisschen verspielter. Da sind rote Kirschen und rote Beeren beim Riechen dabei. Und auf der Zunge ist dann richtig Zug. Sowohl aus der Säure, aber auch der Gerbstoff packt deutlich kräftiger zu als beim Syrah. Ich mag das ja, wenn da Kante ist und mit der Säure funktioniert das sowieso sehr gut.

Die Frucht wirkt weniger süß am zweiten Abend, sie ist inzwischen eher würzig. Der Wein ist immer noch nicht laut, er ist viel mehr auf eine intensive Art leise. Die größte Veränderung hat der Gerbstoff gemacht, der ist viel weicher geworden. Das kommt unerwartet, ist ziemlich anders als am ersten Abend, aber gleichzeitig ähnlich gut. Das, was dann noch an Tannin da ist bleibt ewig auf der Zunge liegen. Und diese Reise in Richtung mehr Würze geht über den Abend mit mehr Sauerstoff immer weiter.

Am dritten Abend macht die Würze dann auch den Sprung auf die Zunge. Der Gerbstoff bleibt weich, dafür ist da wieder mehr Zug im Wein, die Säure ist wieder präsenter. Da sind Kirschen, Holunderbeeren und ein bisschen Wärme in der Frucht. Ich weiß schon, warum das schon zum dritten Mal hier auftaucht. Und warum ganz sicher auch ein viertes und ein fünftes Mal folgen werden. Egal ob Basis oder Premium, das ist einfach immer gut. Beide Weine stehen ganz am Anfang von dem, was da an Entwicklung noch passieren dürfte und wenn jemand mehr Selbstkontrolle hat als ich, dann lohnt das Warten sicher sehr. Wenn man aber ähnlich neugierig ist, dann gebt den Weinen zumindest mehr als einen Abend.

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