Bernhard Huber - Alte Reben Spätburgunder 2014
Wir trinken eine Flasche Spätburgunder Alte Reben vom Weingut Bernhard Huber aus 2014.
Diese Flasche Wein ist eine Art ausgleichende Gerechtigkeit für die nachgegorene Flasche der letzten Woche. Man könnte auch sagen Karma. Ich schaue eigentlich überall wo wir sind gerne in Weinläden. Mich interessiert das Sortiment, mich interessiert wie die Läden aussehen, manchmal gibt es leckeren Käse zu kaufen und insgeheim hoffe ich natürlich bei jedem Schritt durch die Türe auf einen unerwarteten Schatz. Diese Flasche Alte Reben von Huber ist genau so ein Fund. Vor ein paar Wochen waren wir übers Wochenende in Herrenberg und im Weinhaus Alte Brennerei ganz hinten, im letzten Eck des Gewölbekellers, ganz unten im Regal denke ich mir, dass ich das Etikett doch kenne. Und dann liegen da noch ein paar Flaschen Alte Reben aus 2014 für 35 Euro. Da blieb nicht viel übrig, als eine davon mitzunehmen. Okay, zwei davon mitzunehmen. Da wir nur mit kleinem Rucksack und Öffis unterwegs waren, war das an diesem Tag das Maximum an noch verfügbarer Tragekapzität und so hat noch jemand anders die Gelegenheit auf einen Überraschungsfund, denn ein paar Flaschen lagen noch im Regal. Oder jemand von euch kauft das jetzt ganz ohne überrascht zu werden. Das nimmt dann aber natürlich einen Teil der Freude. Einen drei Jahre jüngeren Jahrgang hatten wir letztes Jahr schonmal hier und ich war da schon ziemlich begeistert, so dass sich die Vorfreude zumindest mit der der letzten Woche messen kann. Der Wein selbst liegt für 18 Monate im Barrique mit etwa 70 % neuen Fässern.
Der winzige Restzweifel, dass auch das hier nichts werden könnte, ist in den ersten Sekunden schon verflogen. Das riecht wohlig weich und intensiv nach Kirschen. Da sind ein paar Röstaromen und auch etwas Ätherik. Diese Wohlfühlnase täuscht allerdings, weil das, was da dann an Säure und Frische in Richtung Gaumen rollt ist ziemlich enorm. Auch da kommt dann die Kirschfrucht hinterher, gepaart mit richtig viel Saftigkeit. Mehr Kirschsaft als Wein in manchen Schlucken. Das Tannin ist entweder schon fast komplett abgeschmolzen oder war nie so richtig da. Pelz auf der Zunge sucht man jedenfalls vergeblich. Mit jedem getrunkenen Schluck wird gleichzeitig die Nase würziger, komplexer und tiefer. Vielleicht sollte ich selber nochmal nach Herrenberg fahren. Diese Flasche ist auf jeden Fall großartig.
Sowohl die ätherischen Noten als auch das erdig, leicht Rauchige wird mehr über Nacht. Die Frucht ist zwar immer noch deutlich vorhanden, aber jetzt viel schwerer in eine Schublade zu stecken. Da ist so eine weiche, dunkle Mischung aus Beeren und Kirschen. Eben immer noch ein Wohlfühlwein wenn man die Nase ins Glas hängt. Der Gerbstoff scheint im Kühlschrank aufgewacht zu sein und stellt jetzt zumindest so etwas wie einen Rahmen aus Textur um die knackige Säure herum. Die Mittrinkerin sagt, das rieche nach Nadelbäumen und Schwarzwald, was ja nicht weit vom Kaiserstuhl wäre. So ein bisschen roter Tee ist auf der Zunge, etwas Hibiskus und weiter die Saftigkeit. Ich mag sehr, wie diese Balance aus Komplexität, Anspruch und saftiger Unkompliziertheit hier zusammenfindet. Das ist so frisch, dass ich niemals gedacht hätte, dass der Jahrgang schon 9 Jahre in der Vergangenheit liegt. Man könnte denken, das hat gerade erst angefangen reif zu werden. Und trotzdem hat die Zeit garantiert einen großen Teil beigetragen zu dem, wie das jetzt riecht, wie rund das jetzt ist, wie ausbalanciert. Ich denke, das könnte nochmal viele Jahre irgendwo im hintersten Eck in einem Gewölbekeller liegen und Staub sammeln und dabei vielleicht noch besser werden. Und dann kann jemand genau da wieder einen Schatz finden.