8.10.2023

Zwei Flaschen Landerer

Wir trinken vom Weingut Landerer aus Baden einen Oberrottweiler Sauvignon Blanc 2022 und einen Fumé 2021.

Sauvignon Blanc ist bei mir persönlich mit einer ähnlichen Menge Vorturteil behaftet wie Grauburgunder und damit eine schöne Fortsetzung zur letzten Woche. Anstatt flach und belanglos ist das dann zwar eher entweder grasgrün oder kitschige Fruchtbombe, aber Vorurteil ist eben Vorurteil. Und trotzdem, ebenfalls ganz ähnlich zum Grauburgunder, ist die Menge an Flaschen, die mich abgeholt haben, inzwischen ziemlich beachtlich. Ganz im Übrigen auch die Menge an Weingütern aus Oberrotweil. Nach Salwey und Wagner ist Landerer jetzt schon das dritte Weingut von dort. Johannes Landerer hat hier am Kaiserstuhl in Baden schon in jungen Jahren Sauvignon Blanc in seinen eigenen Weinberg gepflanzt, wo ansonsten vor Allem Burgundersorten auf den Vulkanböden für Aufsehen sorgen und auch im Weingut Landerer den größten Teil der Rebfläche belegen. Nachdem sein Vater unerwartet verstarb, ist Johannes seit 2016 für Weinberg und Keller verantwortlich. Sauvignon Blanc gibt es von ihm als Ortswein und als Lagenwein und wir probieren einfach beide. Der Oberrotweiler Ortswein wird kalt mazeriert (das hilft gegen meine Vorturteile nur bedingt) und dann auf der Feinhefe im Stahl ausgebaut. Die Reben für den Fumé Lagenwein wachsen im Oberrotweiler Kirchberg, wo sie seit 1994 stehen. Der Wein steht 10 Stunden auf der Maische bevor er für acht Monate in kleinen und größeren Holzfässern mit einer Hälfte neuer Fässer auf der Vollhefe ausgebaut wird.

Entsprechend skeptisches Stirnrunzeln begleitet dann auch das erste Einschenken des Oberrotweiler Sauvignons. Die Mittrinkerin ist vom ersten Schluck an ziemlich glücklich, ich brauche ein bisschen. Da ist tatsächlich ziemlich viel, ziemlich typische Frucht in der Nase. Glücklicherweise aber weder zu offensiv noch kitschig, das ist eigentlich ganz schön. Da ist etwas Exotik, etwas blütig Duftiges und eine gute Portion Cremigkeit. Die Säure ist frisch, die Stachelbeere ist sowohl in der Nase als auch im Geschmack zu finden und hinten raus hat der Wein eine tolle Struktur, die von einer kleinen Note grüner Paprika davon getragen wird.

Das bleibt so auch am nächsten Abend. Ich habe trotzdem das Gefühl, dass der Wein saftiger geworden ist und mehr Struktur entwickelt hat. Das zieht jetzt richtig an der Zunge und hat vorne an der Zungenspitze eine fast salzige Mineralität. Als wir die Weine probieren, hat die Sonne die Dachgeschosswohnung wieder in Richtung einer 3 vorne am Thermometer gedrückt, das Salz könnte also auch aus Eigenproduktion stammen, ich bin mir aber fast sicher, dass es aus dem Wein kommt. Der Wein jedenfalls passt ziemlich perfekt zu den Temperaturen und auch ich als Nicht-so-gerne-Sauvignon-Blanc-Trinker habe da gerade viel Spaß damit.

Der Fumé ist wie erwartet ein komplett anderer Wein. Viel gelber in der Frucht und überhaupt auch viel weniger Frucht. Bei einer Hälfte Neuholz hätte ich viel mehr Holz erwartet als dann eigentlich im Wein ist. Das riecht die ersten Momente eher auf charmante Art und Weise nach Hautcreme Sensitiv. Die Säure ist ultra saftig, erinnert sehr an frische Zitrusfrüchte, die Frucht beim Trinken ist dann genau so gelb wie die Frucht beim Riechen und dann auf der Zunge kommt auch das Holz langsam dazu. Der Wein ist zwar ein Jahr älter, wirkt aber deutlich verschlossener. Das braucht Zeit im Glas und vielleicht auch noch im Keller.

In meinem Kopf hat sich das Sauvignon Blanc Bild so festgefahren, dass ich hier blind vermutlich gar nicht auf die Rebsorte tippen würde. Denn auch am zweiten Abend ist das eher cremig gelb als exotisch. Alles riecht ein bisschen reifer als am ersten Abend, noch ein bisschen gelber. Die fehlende exotische Frucht, die mich beim Riechen in die Irre führen würde, ist beim Trinken aber jetzt voll da. Das schmeckt nach Maracuja und Grapefruit und wenn man das so im Mund hat, dann verändert sich auch der Duft in diese Richtung. Schmecken und Trinken hängt eben doch ganz entscheidend zusammen. Auch das Holz ist jetzt in jeder Phase spürbarer und gleichzeitig aber perfekt dosiert. Es verrichtet eher in zweiter Reihe seine Arbeit, obwohl es natürlich den Wein komplett in seiner Aromatik beeinflusst hat. Die Kunst ist aber, dass es eben nicht über den Rest drüber bügelt und alles andere unter sich begräbt. Zwei komplett unterschiedliche Sauvignon Blancs, aber auch zwei Sauvignon Blancs mehr auf meiner Mag-Ich-Liste. Da müssen wohl die Burgundersorten früher oder später auch mal dran glauben.

Ähnliche Beiträge

comments powered by Disqus