Zwei Flaschen Les Jardins de Theseiis
Wir trinken von der Loire eine Flasche Pineau d'Aunis 2021 und eine Flasche Sauvignon Blanc 2020 vom Weingut Les Jardins de Theseiis.
Selbst wenn ich es aktiv versuchen würde, würde ich wohl nie damit fertig werden jede Rebsorte einmal reinsortig probiert zu haben. Also versuche ich es gar nicht erst. Und trotzdem freue ich mich jedes Mal, wenn wieder eine neue Sorte auf der inneren Liste abgehakt werden kann. Heute ist das Pineau d’Aunis, eine Sorte die auf nur noch ziemlich wenig Fläche vor Allem an der Loire angebaut wird. Während sich im deutschen Wiki die Fachwelt uneinig ist, ob es eine eigenständige Rebsorte oder eine Mutation des Chenin Blanc ist, legt sich das englische Wiki fest, dass die Rebsorte autochthon und eigenständig ist und keine Verwandschaft mit Chenin Blanc besteht. Da ich die Abweichung zwischen den beiden Wikis interessanter finde als die Tatsache selber, mache ich es wie ein Matheprofessor und überlasse den Beweis, in diesem Fall mindestens die Konsultation der Primärquellen, als Hausaufgabe dem interessierten Leser. Mich interessiert nämlich vor Allem wie der Wein schmeckt. Neben dem Pineau d’Aunis aus dem Jahr 2021 probieren wir auch noch eine Flasche Sauvignon Blanc aus 2020. Beide Weine kommen vom Weingut Les Jardins de Theseiis, das von Anouk Lavoie-Lamoureux und Paul-André Risse in Thésée an der Loire gegründet wurde. Im Gegensatz zu Thésée, das bis auf die Römerzeit zurückgeht, ist die Geschichte des Weinguts noch sehr frisch. Erst 2018 haben die beiden Quereinsteiger einen Teil der Weinberge und den Keller von Bruno Allion übernommen und ihr Weingut gegründet. Die Weinberg sind da schon viele Jahre biodynamisch bewirtschaftet worden und werden es immer noch. Beide Weine wurden im gebrauchten Holzfass ausgebaut und werden ohne zugesetzten Schwefel gefüllt. Dass auch nicht gefiltert oder geschönt wird versteht sich da von selbst.
Eigentlich war ich darauf vorbereitet vom Rotwein überrascht zu werden, aber auch der Sauvignon Blanc startet unerwartet. Auf Sauvignon Blanc wäre ich blind zumindest niemals gekommen und obwohl ich weiß, dass da Sauvignon Blanc im Glas ist, riecht das immer noch nicht danach. Das ist gerade eine Mischung aus wachsiger Nuss und leicht angetrockneten Blüten. Das ist ziemlich genial. Und beim Trinken ist der Wein dann super frisch, mineralisch, klar und sauber und mit einer tollen Struktur ausgestattet. Die wachsige Nuss wird immer harziger und irgendwie auch süßer in der Nase, etwas Nadelholz, etwas Laub und gleichzeitig scheint zwischendrin immer mehr Frucht durch. Quitten mit Waldhonig und Apfelstücken. Das ist einer dieser Weine, die sehr schwer in Worte zu fassen sind. Ich lese, was ich notiere und alles ist da, und irgendwie trifft es dann doch nicht, was da ist. Schön ist es aber. Sehr sogar.
Einen Tag später riecht es zwar immer noch nicht nach Sauvignon Blanc, fühlt sich jetzt aber beim Trinken mehr danach an. Die Säure ist irgendwie exotischer geworden, Maracuja, Ananas. Die letzten Tropfen im geleerten Glas riechen nach Tomatenconsomee. Wild. Die Kräuterigkeit ist dem Wein geblieben. Ich muss kurz nachschauen, was das kostet. Nur um sicher zu gehen, dass es tatsächlich knapp 15 Euro waren. Schnäppchen denkt sich mein innerer Schwabe. Das ist so komplex und gleichzeitig irgendwie unkompliziert frisch. Das ganze Mundgefühl ist einfach gut und ich weiß immer noch nicht in welche Schublade ich das eigentlich packen will. So wie das riecht, vielleicht weiter in den Süden, dazu passt aber die Säure nicht. Und am Ende denke ich mir dann, dass das eigentlich auch egal ist. Eine echte Überraschung für mich und der Pineau d’Aunis kommt ja erst noch.
Der hat den Vorteil, dass man bei unbekannten Rebsorten viel selbstverständlicher ohne Erwartung ins Glas riecht. Weil man sowieso keine Ahnung hat, was da einem gleich entgegen kommt. Hier ist das rote Frucht, frisches Holz und viel Würze. Der Gerbstoff kratzt sich leicht rustikal an der Zunge nach hinten und wird dann von viel Saftigkeit davon gespült. Die Mittrinkerin sagt, dass das zwar fruchtig ist, aber nicht fruchtig fruchtig. Und wie immer hat sie recht. Da kommt Frucht, dann kommt Barbecue Rauch, Kräuterigkeit, und dann kommt wieder Frucht. Aber eben ohne so richtig offensiv fruchtig zu sein dabei. Das ist fein, und ich bin sehr verleitet elegant zu schreiben, denke mir dann aber, dass das der Rustikalität nicht gerecht werden würde und sitze dann wie beim Weißwein wieder vor meinen Worten und lese und trinke und lese und trinke. Am Ende darf beides stehen bleiben und ich mag das eigentlich ganz gerne so. Auch weil es für mich an die Loire passt, wo sonst öfter mal Cabernet Franc diese ganz leise Rustikalität mitbringt. Anders als im Weißwein, schwingt in diesem Wein auch immer ganz leicht ein Touch Natural mit, ohne aber je wirklich nach Vorne zu treten.
Über Nacht tauschen dann Kräuter und Frucht die Plätze und auch diese Kräuter-Frucht-Rochade steht dem Wein sehr gut. Wie schon der Weißwein, gefällt mir auch das hier sehr gut. Sollte mir Pineau d’Aunis mal wieder über den Weg laufen und seinen Weg ins Glas finden, ich wäre nicht traurig. Les Jardins de Theseiis wird auf jeden Fall nochmal den Weg ins Glas finden.