Moritz Kissinger - Weissburgunder 2020
Wir trinken von Moritz Kissinger eine Flasche Weissburgunder aus 2020.
Unverhofft kommt oft oder so ähnlich. Diese Flasche zumindest sollte eigentlich noch ein bisschen Zeit mit Warten verbringen bevor es ihr an den Korken geht. An und um die sehr dünne Wachskapsel hat sich aber ein lustig pelziges Mikrobiom gebildet, das weit über das hinaus geht, was ich noch unter “Ist halt hohe Luftfeuchtigkeit” verbuchen wollen würde. Und aus Angst vor einem Korken, der zusätzlich zu Sauerstoff in die eine Richtung auch noch Wein einen Durchgang in die Gegenrichtung gewährt, musste eben dieser dann jetzt schon weichen. Schön, wenn sich dann herausstellt, dass der Korken sich bester Gesundheit erfreut. Da ist sicher aus anderer Quelle organisches Material als Schimmelwachstumsbeschleuniger unter das Wachs gekommen. Da den Korken einfach wieder reinstecken keine Option ist, muss der Wein jetzt auch dran glauben. Zwölf Reihen Weissburgunder wachsen neben einer alten Chardonnayparzelle bei Moritz Kissinger. Und aus eben diesen zwölf Reihen wurden 258 normal große Flaschen und 12 (wie passend) Magnums. 2020 ist der erste Jahrgang dieses Weins und Moritz hat die Hälfte des Umsatzes dieser Peace-Edition an die Aktion Deutschland Hilft gespendet. Eine feine Sache und der Bedarf ist in der Zwischenzeit sicher nicht kleiner geworden.
Wie erwartet, wirkt der Wein entsprechend jung in der Nase. Das ist dicht gepackt mit ein bisschen Zitrus und etwas gelbem Kernobst. Eine leicht metallische Note und dahinter noch ein Touch florale Krautigkeit. Auf der Zunge sind wir da schon weiter. Sehr saftig mit viel Zug und sehr frischem Apfel läuft das die Zunge entlang. Da ist wirklich viel Zug dahinter. Und mit dem Wein im Mund kommt Minze in die Nase und der Apfel ersetzt die metallische Note. Das ist richtig gut und mir fällt ein Stein vom Herzen. Nur weil der Korken gut aussieht muss er das ja noch lange nicht gewesen sein. Er war es aber. Mit Luft wird der Wein noch straffer und strukturierter beim Trinken während gleichzeitig die Frucht weicher wird.
So geht das dann auch in den zweiten Abend. Saftig grüner Apfel und leicht salzige Mineralik auf der Zunge, eben diese Mineralik und Struktur dazu in der Nase. Frucht ist da gerade nicht mehr so viel, das kommt aber nicht unerwartet. Das ist, wie auch die anderen Weine von Moritz, ziemlich puristisch und vielleicht tatsächlich auch so ein bis zwei Jahre zu jung einfach. Einen dritten Abend schaffen wir aber trotzdem nicht. Dafür ist der Weissburgunder dann doch einfach zu saftig und das Glas zu schnell leer. Ich finde, dass sich das nahtlos in den Stil der anderen Weine von Moritz einfügt. Schon der Einstieg mit dem Null Ohm hat diese kühle, straffe Art, der Chardonnay oben drüber natürlich auch. Aus dem Kopf heraus und mit den Notizen zu den Weinen würde ich sagen, dass der Weissburgunder im Vergleich feiner ist, etwas leichter, mit weniger Kraft, dafür aber mit einem Ticken mehr Eleganz. Aber um wirklich sicher zu sein, müsste ich das mal nebeneinander probieren. Dann aber wirklich mit mehr Flaschenreife.