12.11.2023

Zwei Flaschen Johner

Wir trinken vom Weingut Johner aus Baden eine Flasche Weisser Burgunder und Chardonnay 2021 und einen blauen Spätburgunder aus 2019.

Diese beiden Flaschen sind klassischer Einkaufswagenbeifang. Der Karton war noch nicht voll, ich wollte eine Mischung Baden bestellen und irgendwo im Hinterkopf hatte ich Johner schonmal gehört und so sind es dann diese Beiden geworden. Ich mache das ziemlich oft so, denn ein voller Karton macht einfach mehr Sinn und das ist neben Messen und Veranstaltungen auch die einfachste Art Neues zu probieren. Ich bin mir noch nicht sicher ob ich die Etiketten so klassisch finde, dass es irgendwie schon wieder charmant ist, oder eben nicht. Dem Einkaufswagenclipart zum Bestellformular auf der Homepage fehlt jedenfalls nur noch ein blinkender Text darüber für eine Zeitmaschine zurück ins Internet der Nullerjahre. Irgendwie mag ich das aber und ich will sowieso nicht lästern. Die ausführlichen Jahrgangsberichte mit vielen Bildern sind ziemlich cool und für die Leseunwilligen werden Videos auf Youtube produziert. Teilweise sogar während der Ernte. Da habe ich Respekt vor. Karl Heinz Johner hat das Weingut 1985 in Bischoffingen am Kaiserstuhl zusammen mit seiner Frau gegründet. Und erst jetzt beim Schreiben fällt mir auf, dass das nach Landerer und Höfflin ja schon das dritte mal Kaiserstuhl in kurzer Zeit ist. Inzwischen ist Sohn Patrick mit ins Weingut eingestiegen und auch in Neuseeland gibt es eine Zweigstelle. Unsere Weine heute kommen aber aus Baden. Die Cuvée aus Weissburgunder und Chardonnay aus dem Jahr 2021 wächst auf Löss und Vulkanverwitterungsboden. Die etwa zwei Drittel Weissburgunder und ein Drittel Chardonnay wird zum Großteil im Edelstahl ausgebaut, mit einem kleinen Anteil gebrauchtem Holz. Der blaue Spätburgunder aus 2019 ist auf ähnlichen Böden gewachsen. Er wird für 4 Wochen auf der Maische vergoren und dann ein Jahr in gebrauchten und neuen Holzfässern ausgebaut. Alle Weine von Johner werden unter Schraubverschluss gefüllt.

Der Weißwein startet mit einer ziemlichen Kernobstnase. Gelbe Äpfel und Birnen und ein kleines bisschen Würze und Struktur dahinter. Im Mund frisch und schmelzig mit Ananasnoten. Das ist zwar gut, aber emotional holt mich das nicht ab am ersten Abend. Mich stört sowas inzwischen nicht mehr, ich nehme die Flasche und stelle sie einfach zurück in die Kühlung und morgen ist ein neuer Tag. Und auch bei diesem Wein funktioniert das so. Ob es am ersten Abend meine Tagesform oder tatsächlich der Wein war, der vielleicht einfach noch zu jung sein könnte, keine Ahnung. So mit einer Nacht Luft in der Flasche wird es deutlich cremiger in der Nase mit viel mehr Schmelz. Da ist natürlich immernoch das Kernobst, aber auch beim Trinken ist da jetzt mehr Struktur, die das Trinken viel interessanter macht. Die Mittrinkerin sagt Piña Colada weil zur leichten Ananas noch ein Touch Kokos dazu gekommen ist. Es ist einfach komplexer geworden, interessanter. Und diese Entwicklung geht über den ganzen Abend weiter. Ich würde empfehlen, den Wein tatsächlich noch mindestens ein Jahr im Keller zu vergessen. Ein kleiner Rest am dritten Abend ist dann nämlich noch besser geworden.

Der blaue Spätburgunder braucht nicht so viel Zeit um anzukommen. Der ist fruchtig und würzig in der Nase mit vielen Beeren, etwas Kirsche und Holz. Saftig auf der Zunge, auch hier mit der roten Beerenfrucht und relativ wenig Tannin. Das ist dicht und intensiv und entwickelt dann aber ganz weit hinten eine Fruchtgumminote, die mich irgendwie stört. Vielleicht ist da in der Entwicklung dann doch mehr Ähnlichkeit zum Weisswein als anfänglich gedacht, denn auch hier gefällt mir der Wein am zweiten Abend viel besser. Der Spätburgunder wird erdiger und ein bisschen balsamisch beim Riechen. Da ist Waldboden zwischen der Frucht und wenn wir schon mit Cocktails vergleichen, dann erinnert ich das vom Gefühl her an einen guten Amaro. Ich mag den Wein gerade sehr.

Irgendwie spannend, dass beide Weine einen Tag gebraucht haben, um so richtig zu gefallen. Das war Beides auch schon am ersten Abend gut, aber eben nicht da, wo es dann spätestens einen Tag später war. Aber wie gesagt, es mag auch am Verkoster liegen. Und auch eine Sauerstoffdruckbetankung per Karaffe hätte vielleicht schon am ersten Abend die gewünschte Entwicklung beschleunigen können. Da wir selten Eile beim Weintrinken haben, ist das aber zumindest für uns ziemlich egal. Und noch etwas, das beide Weine gemein haben, ist wie gut jeder zu Sous-Vide Schweinebauch und Kartoffeln funktioniert hat.

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