Bernaudeau - Les Onglés 2019
Wir trinken von der Loire eine Flasche Chenin Blanc Les Onglés 2019 von Bernaudeau.
Wie macht man weiter, wenn der erste Wein des Jahres schon so gut war, wie der in der letzten Woche? Meine Idee war, direkt da anzuknüpfen. Eigentlich wären die Weine von Stéphane Bernaudeau perfekte Kandidaten für den typischen Weihnachts- oder Silvesterwein gewesen. Es entstehen nicht sonderlich viele Flaschen auf den etwa drei Hektar der Domaine und die, die entstehen verschwinden schneller vom Markt als man klicken kann. Wenn es überhaupt die Gelegenheit für einen Klick gibt. Oft nur um dann zu augenwässernden Preisen wieder aufzutauchen. Dass ich lieber trinke als weiterverkaufe, viel mehr nur trinke und nie weiterverkaufe, hatte ich schon mehrmals geschrieben und das hat sich nicht geändert. Die Weinberge von Stéphan Bernaudeau liegen an der Loire im Anjou, wo Stéphane auch aufgewachsen ist. Nachdem er viele Jahre mit Mark Angéli, einem Pionier des Vin Naturel, zusammengearbeitet hat, gründete er zur Jahrtausendwende seine eigene Domaine. Er produziert drei Weine, alle Chenin Blanc, alle trocken, und der Les Onglés ist sowas wie der Einstieg in die Kollektion. Gewachsen auf Böden mit hohem Schiefer- und Kalkanteil, werden die Trauben anschließend im gebrauchten Barrique vergoren und für 12 Monate auf der Hefe ausgebaut. Der Weinberg für den Wein ist ziemlich frostanfällig, was die verfügbare Menge nochmal deutlich reduziert. Eine einzige Flasche dieses Weins hat den Weg zu mir gefunden und obwohl die Weine den Ruf haben hervorragend zu reifen, hat die Neugier immer mehr angefangen an mir zu nagen, so dass es einfach Zeit war den Korken zu ziehen.
Da ist ein Touch Natural in der Nase. Nicht direkt mostig und auch keine angelaufene Apfelschale, aber schon wild und auch etwas metallisch. Mit Luft weicht das sehr schnell gelbem Kernobst, Kräutern und leicht exotischer Frucht. Dazu kommen Quitte und ein bisschen Stein. Schon schön, aber auch nicht super beeindruckend so im ersten Moment. Das sind die Situationen, in denen es sicher besser wäre gar nicht genau zu wissen, was man da gerade trinkt. Das würde dem inneren Anforderungsmanagement garantiert gut tun. So liegt dann die Messlatte irgendwo und man muss erstmal kalibrieren zwischen dem, was man erwartet und dem, was man dann findet. Was tatsächlich ziemlich beeindruckt vom ersten Schluck an, ist eben dieser Schluck. Das ist so frisch, so zitrisch und saftig, so straight, klar und sauber und mit so viel Zug ausgestattet, dass man gar nicht weiß wohin der Wein verschwindet. Diese Klarheit und diese innere Spannung, die Energie im Wein, das ist richtig gut. Und wenn man da dann so sitzt und überlegt, dass 2019 auch nicht unbedingt gestern war, dann fragt man sich ob der Wein überhaupt schon angefangen hat zu reifen. Merken tut man jedenfalls nichts davon.
Und auch am nächsten Abend bleibt das so. Die ersten paar Sekunden Natural verfliegen etwas schneller, die Würze ist etwas deutlicher ausgeprägt. Vielleicht ein Touch mehr Kräuter, vielleicht Honig darüber geträufelt. Aber wenn da nicht 19 sondern 21 auf der Flasche stünde, ich hätte mich nicht gewundert. Natürlich habe ich absolut keine Ahnung wie der Wein frisch gefüllt geschmeckt hätte und wie viel sich schon sortiert hat in den letzten Jahren. Aber ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte, dass nicht besonders viele Leute das wüssten. Und natürlich würde ich gerne wissen, wie der Wein reift. Aber ich würde ihn nochmal genau jetzt aufmachen. Es hat seinen ganz eigenen Charme, dass so eine Flasche dann einfach weg ist. Zumindest so lange sie nicht kaputt war. Bei aller Kraft ist das kein lauter Wein. Die Kräuter, die Quitte und der Stein liefern den Rahmen für das, was dann beim Trinken passiert. Der wilde Strauß an Zitrusfrucht, Pomelo, Grapefruit, Yuzu, der von vorne nach hinten über die Zunge fährt. Das ist der Moment in dem man gerne mal Niagaratrinkfluss liest. Viel Speichelfluss klingt aber irgendwie auch kacke, oder nicht? Und wenn ich Saufwein dazu sage, dann regt sich wieder irgendjemand auf, dass so ein Wein ja gar kein Saufwein sein kann und sowieso und überhaupt. Egal, jetzt weiß man was gemeint ist. Wenn wir in Freiburg sind, dann verbringen wir mindestens einen Abend in der One Trick Pony Bar und mehr als einmal mit einem Citronicus Maximus im Glas. Das ist, wie der Name schon vermuten lässt, ziemlich viel Zitrus. So ein bisschen erinnert mich das, was beim Les Onglés auf der Zunge passiert an diesen Cocktail. Mein persönlicher Weingeschmack ist ziemlich im Fluss. Momentan ist das hier ziemlich nah dran an dem was ich suche. Das ist diese innere Ruhe und Energie, die der Chenin ausstrahlt. Und die Tatsache, dass ich das auch einfach gerne trinke ohne super viel nachdenken zu müssen. Ich kann schon verstehen, warum das so gefragt ist.
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