Moric - Lutzmannsburg Ried Kirchberg 2019
Wir trinken diese Woche eine Flasche Blaufränkisch Lutzmannsburg Ried Kirchberg 2019 vom Weingut Moric aus dem Burgenland.
Diese Flasche Wein war irgendwie unvermeidbar. Und mit viel Vorfreude verknüpft. Wer hier schonmal vorbei geschaut hat, weiß, dass Lemberger und ich große Freunde sind. Und während Lemberger aus Württemberg im Sog von Trollinger und insbesondere Trollinger mit Lemberger ins Prestigetal gespült wurde und sich nur langsam wieder nach oben kämpft, klingt Blaufränkisch aus dem Burgenland in den Ohren vieler Weintrinker dagegen wie Erlösung. Es ist ja durchaus so, dass hiesige Winzer lieber Blaufränkisch aufs Etikett drucken als Lemberger. Dem Verkaufserfolg wegen. Uns Württembergern ist natürlich hinlänglich bekannt, dass das alles ein großes Missverständnis ist und wir ganz großartige Weine in die Flaschen ziehen hier in der Gegend. Und trotzdem oder vielleicht gerade deshalb wollte ich schon lange auch mal oben ins Blaufränkischregal greifen. Diese Flasche Lutzmannsburg Ried Kirchberg 2019 von Moric ist jetzt genau das. Zugegeben, man könnte sich auf die Zehenspitzen stellen und noch ein bisschen weiter oben zugreifen, aber Erstens kann man das sowieso immer und Zweitens sind auch die über 60 Euro für diese Flasche, oder im aktuellen Jahrgang dann auch über 70, schon eine ziemliche Ansage. Auch deshalb war das hier viel länger eine Idee im Kopf, als eine tatsächliche Flasche auf dem Tisch. Aber es musste dann doch einfach mal sein. Schon allein aus edukatorischen Gründen. Roland Velich hat sich 2001 dazu entschieden unter dem Namen Moric Blaufränkisch zu keltern, die typisch ins Burgenland passen und die Herkunft deutlich zeigen sollen. Man kann wohl sagen, dass das ganz gut funktioniert hat. Wenn man, wie ich, mit dem Gedanken spielt mal einen Spitzen-Blaufränkisch zu trinken, dann steht der Name Moric wohl immer mit auf der Liste. Die Lage Kirchberg liegt südlich von Lutzmannsburg fast an der Grenze zu Ungarn weit im Osten von Österreich. Die zwischen 40 und 100 Jahre alten Reben wachsen hier auf Böden mit hohem Kalkanteil. Die Trauben werden spontan mit einem kleinen Anteil Rappen vergoren und dann in alten Holzfässern für zwei Jahre ausgebaut.
Glücklicherweise riecht der Wein genau so wie ich mir das erhofft habe. Dicht und mit viel Tiefe ist da jede Menge Sauer- und Süßkirsche dabei. Vielleicht ein bisschen mehr schwarz als rot in der Frucht und dahinter dann mindestens genau so viel Würze. Und wenn man wirklich lange einatmet, dann ist ganz weit hinten ein Touch Klebstoff, etwas Rauch und altes Leder. Da ist richtig viel, aber das Viele ist enorm präzise, kühl und elegant. Und genau so viel Kirsche wie beim Riechen fließt dann auch über die Zunge. Vorne Tannin, hinten zieht die Säure erst die Backen zusammen und wandert dann die Zunge runter. Überhaupt ist das ganz wunderbarer Gerbstoff, der auf eine ganz samtige Art an der Zunge kratzt. Verdammt, das ist richtig, richtig gut. Und was als Kirsche angefangen hat, wird langsam immer beeriger, immer noch würziger. Ich weiß schon vom ersten Moment an, dass ich die Nase an diesem Abend nicht mehr aus dem Glas bekommen werde. Und so ist es dann auch.
Ein großer Teil des Weines wird noch eine Nacht länger darauf warten müssen getrunken zu werden. Wir waren den ganzen Samstag unterwegs und abends deshalb viel zu müde. Ein kleines Glas muss es am zweiten Abend aber natürlich trotzdem sein. Die Frucht hat sich weiter verändert. Ja, da ist noch Kirsche. Aber was erst Blaubeere war, ist jetzt rote Johannisbeere. Der Wein ist kühler, griffiger, etwas ruppiger geworden. Das krallt sich doch ganz ordentlich an der Zunge fest inzwischen. Und weil er gleichzeitig nichts von seiner Eleganz, von der Präzision eingebüßt hat, wirkt genau diese Balance noch ein bisschen beeindruckender.
Tag drei also. Ich bekomme die Nase noch immer nicht aus dem Glas. Es ist jetzt weniger Frucht und dabei mehr würzig. Ein bisschen Weihnachten irgendwie. Aber kein Glühwein, eher Zwetschgenröster, Nelken und Pfeffer. So ein bisschen Ätherik ist auch dabei. Das riecht wie etwas, das ich gerne zu Waffeln essen würde. Aber ohne einen Hauch von Zucker dabei. Und dann die Frische beim Trinken. Der Wein hat einen brutalen Zug, ist super saftig und krallt sich auch nicht mehr ganz so heftig an der Zunge fest wie noch am Abend zuvor. Ich denke kurz daran, dass man doch eigentlich mal oberes Regal Lemberger neben so einen Blaufränkisch stellen sollte. Und dann verwerfe ich für mich diese Idee wieder. Ich bin mir nämlich nicht sicher, ob der direkte Vergleich nicht am Ende beiden Weinen mehr nehmen würde, als er meinem Erkentnissgewinn nützt. Diese Art von direktem Vergleich hat natürlich ihre Berechtigung, aber so wie ich hier Wein trinke, bei mir am Esstisch, bei mir auf dem Sofa, da braucht es kein höher, schneller, weiter. Da habe ich einfach keine Lust drauf. Deshalb verteile ich auch keine Punkte hier. Aber vielleicht ergibt es sich ja doch mal, dass ganz zufällig zwei solche Flaschen gleichzeitig irgendwo rumstehen. Weil vielleicht wäre das ja doch sehr spannend, wer weiß. Was ich jetzt sicher weiß, ist dass diese Flasche Wein spektakulär ist. Und sich jedes bisschen Vorfreude gelohnt hat.
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