26.5.2024

4kilos - 4kilos tinto 2021

Wir trinken vom Weingut 4kilos aus Mallorca den gleichnamigen, reinsortigen Callet aus dem Jahr 2021.

Eigentlich war dieses Wochenende nach Pfingsten in den letzten Jahren immer für Mythos Mosel reserviert. Leider hat das dieses Jahr zeitlich und organisatorisch nicht rein gepasst, so dass es keinen Bericht geben wird und ich selber auch auf die ersten Eindrücke des frischen Jahrgangs noch warten muss. Um nicht allzusehr in Nostalgie schwelgen zu müssen, trinken wir heute aber auch keinen Riesling. Als Kontrastprogramm und Ablenkung gibt es Rotwein aus Mallorca. Die letzte Flasche Callet von Mesquida Mora ist inzwischen auch schon wieder über ein Jahr her. Allerhöchste Zeit also, die autochthone Rebsorte von den Balearen mal wieder ins Glas zu lassen. Daran, dass Callet überhaupt auf dem Radar auftaucht, hat Francesc Grimalt einen großen Anteil. Bevor er 2006 mit Sergio Caballero zusammen 4kilos gründete, hat er Wein für Anima Negra gemacht. Die Beiden sind in einen ehemaligen Schafstall eingezogen, den sie für vier Millionen Peseten erworben haben. Daher auch der Name, 4kilos. Peseten, das war vor dem Euro die Währung in Spanien, die älteren Leser werden sich erinnern, und umgerechnet sind das dann etwa 24000 Euro. Ein ziemliches Schnäppchen für eine Weingutsgründung. Ob es wohl das Äquivalent des “Ein Euro, das sind ja 2 Mark”-Umrechners auch auf Mallorca gibt? Vermutlich wird das so sein. Die Rechnung ist aber komplizierter und die Zahlen größer, es ist eben doch einfacher zu verdoppeln als im Kopf mit 166 zu multiplizieren. Das schreckt vielleicht auch ab. Egal. Die Wurzeln der Stöcke wachsen auf der Mittelmeerinsel in Kalk-Lehmböden in biologisch bewirtschafteten Weinbergen. Aus zwei Parzellen kommen die Trauben für diesen Wein dann. Diese werden teilweise im Holz und teilweise im Edelstahl vergoren und reifen dann in 600-Liter Holzfässern für ein Jahr. Ob neue oder gebrauchte Holzfässer, da ist sind sich die Händlerbeschreibungen nicht wirklich einig und das variiert wohl auch von Jahrgang zu Jahrgang.

Für so einen Rotwein war 2021 praktisch gestern und das riecht man auch. Oder eben nicht, denn die ersten Momente will das nicht so richtig aus dem Glas heraus. Schwenken ist mal wieder das Gebot der Stunde. Oder warten. Das was als leicht erdiges Holz anfängt, wird mit Luft immer fruchtiger. Da sind dunkle Beeren und ein paar Pflaumen, eher lila als blau. Da ist aber auch Frische im Wein, etwas Ätherik und ein Schuss Balsamessig. Das trinkt sich wie es riecht, also mehr Langsamstarter als Sprinter. Erstmal ganz leise, ganz sanft, baut sich dann mit jedem Schluck und mit mehr Luft immer mehr Gerbstoff und Struktur auf der Zunge auf. Und genau wie in der Nase kommt dann Frische und eine tolle Säure. Es ist überhaupt faszinierend zu beobachten, wie Luft den Wein gleichzeitig ruppiger und eleganter macht. Dass der Wein Luft und Zeit braucht kommt nicht unerwartet und so war sowieso nur eingeplant einen Probierschluck zu nehmen und dem Ganzen dann eine Nacht Entwicklungszeit zu gönnen. Wir gehen also Essen, der Wein geht in den Kühlschrank.

An Abend Nummer Zwei ist da deutlich mehr Kirsche im Wein. Dafür ist der Balsamessig komplett aus dem Aroma verschwunden. Also eigentlich genau umgekehrt zu dem, was man so erwarten würde. Das riecht jünger jetzt, mit Hagebutte, mit Gewürzen und ätherischer Verletzungssalbe. Die Frische ist beeindruckend, das Tannin reibt mit feinen Körnern über die Zunge, wobei reiben nicht ganz richtig ist. Das streichelt viel mehr, als dass es reibt. Die Kirsche in der Nase landet auch beim Trinken im Mund. Die Pflaumen sind da immer noch. Da wir Callet eher selten trinken, das hier ist schließlich erst die zweite Flasche, schaue ich nochmal nach, was ich über den letzten Wein geschrieben habe. Da war es irgendwie anders rum, der Balsamico kam über Nacht dazu und ist nicht verschwunden. Der Wein hatte aber auch ein paar Jahre mehr auf dem Buckel als dieser hier. Trotzdem denke ich mir beim Lesen der alten Notizen, dass viele dieser Worte auch jetzt wieder im Kopf rum schwirren. Die Art des Gerbstoffes, die Frische, die Struktur und die Würze, das ist da jetzt alles auch. Und die Vorstellung, dass das schon ganz gut auf eine Insel passt, dass es warm ist, wo der Wein wächst, aber mit Meer drum rum, mit Wind und salziger Luft. Der 4kilos ist sicher der kühlere, elegantere und komplexere Wein. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, gerade nur an der Oberfläche zu kratzen. Ich habe Lust noch eine Flasche zu kaufen, um zu schauen, wie sich das entwickelt. Und trotzdem ist das vollständig, komplett und genau passend so wie es gerade ist. Ein beeindruckender Wein.

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