Zwei Flaschen Domaine Pellé
Wir trinken von der Loire zwei Flaschen Domaine Pellé: Einen Sancerre 2022 La Croix au Garde und eine Flasche Menetou-Salon Les Blanchais 2021.
Wenn man seine Augen ganz fest zusammenkneift und zwei Schritte zurück geht, dann könnte Menetou-Salon auch auf einem Holzschild über so einer Doppelschwingtüre an einem Saloon hängen, kurz bevor jemand im Hintergrund durchs Fenster fliegt. Ich kann die Mundharmonika deutlich hören. Anders als ich wusstet ihr aber natürlich, dass Menetou-Salon keineswegs einem zweitklassigen Western entsprungen ist, sondern als Appelation an der Loire liegt. Mehr oder weniger zumindest, so wie das bei Appelationen an der Loire nunmal so ist. Die etwa 400 Hektar Weinberge der Appelation liegen leicht südwestlich angrenzend an Sancerre rund um den Ort Menetour-Salon. Beachtliche 330 Kilometer Luftlinie trennen übrigens die AOC Fiefs Vendéens der letzten Flaschen Loire ganz am Atlantik und die Weinberge dieser Flaschen weit im Osten der Weinbauregion Loire. Laut Routenplanung sind das etwas über 400 Kilometer Autofahrt und auf der Loire per Boot (so nahe man per Boot auf dem Fluss eben hin käme) dürften es nochmal deutlich mehr sein. Ein ordentliches Stück würde ich sagen. Allein die klimatischen Bedingungen zwischen Atlantikküste und zentralem, französischem Festland unterscheiden sich enorm und je öfter ich das auf der Karte vor mir sehe, desto beeindruckter bin ich von der geographischen Ausdehnung der Weinberge an der Loire. Menetou-Salon ist, ganz ähnlich zu Sancerre, Weißweingebiet und etwa ein Dreiviertel der Weinbergsfläche ist mit Sauvignon Blanc bestockt.
Und, wie passend, da stehen doch tatsächlich eine Flasche Sancerre La Croix au Garde 2022 und eine Flasche Menetou-Salon Les Blanchais 2021 Sauvignon Blanc gerade vor uns auf dem Tisch. Beide Weine kommen von der Domaine Pellé, die in den beiden Appelationen zusammen ungefähr 40 Hektar Rebfläche bewirtschaftet. Der größte Teil davon ist in Menetou-Salon, der kleinere Anteil in Sancerre. Alle Weinberge sind entweder Sauvignon Blanc oder Pinot Noir bepflanzt. Die Reben für beide Weine, wie für fast alle Weine der Domaine, stehen auf Lehm-Kalkböden (mit einem Anteil Feuerstein in Les Blanchais) und werden komplett biologisch bewirtschaftet. Der La Croix au Garde wird im Edelstahl vergoren und dann auf der Feinhefe hauptsächlich in Stahltanks mit einem Anteil an großem und kleinem Holz ausgebaut. Der Les Blanchais wird schon in einer Mischung aus Holz und Stahl vergoren und im Ausbau spielt Holz die Hauptrolle mit einem kleineren Anteil Stahltank.
Leider denke ich mir direkt im ersten Moment, dass die Flasche La Croix au Garde einen kleinen Wirkungstreffer abbekommen hat. Und leider wird dieses Gefühl auch nicht weg gehen. Nicht so richtig Nasse-Pappe-Wirkungstreffer, eher so ein leichter Kellermuff und, was vor allem im direkten Vergleich mit der Anderen extrem auffällt, alle Aromen wirken irgendwie wie unter einem Tuch versteckt. Man merkt, da ist was und das will strahlen, aber es strahlt eben nicht. Gleichzeitig ist es nicht schlimm genug, dass man nicht ein bisschen drum rum trinken könnte. Ich habe ja das Gefühl, dass um die Macke rumtrinken meistens einfach Coping ist, weil man die teure Flasche Wein, auf die man sich Jahrelang gefreut hat, nicht einfach dem Ausguss überlassen will. Das hier ist keine solche Flasche. Trotzdem ist das ziemlich sicher nicht der Wein, der es eigentlich sein sollte. Deshalb nur kurz: Unter dem Schleier sind Apfel, Birne, und irgendwas cremiges Gelbes. Keine Exotik, nichts grün. Es schmeckt frisch, hat Säurezug und auch diese Cremigkeit. Je mehr man rein riecht, desto weniger Müffel ist da, aber verschwinden tut er nie. Auch am zweiten Abend nicht. Deshalb belassen wir es hierbei.
Der Les Blanchais ist viel dichter, enger zusammen und auch ein bisschen verschlossener. Das ist viel deutlicher Sauvignon Blanc mit etwas exotischer Maracuja, etwas Stein und hinten raus einer grünen Note, die eher Stachelbeere als Paprika ist. Und überhaupt mehr beim Trinken auftaucht als beim Nase ins Glas halten. Da ist dann auch richtig viel Zug. Der Wein ist super straff und geradeaus und wenn man schlürft, dann schafft auch die Maracuja den Sprung auf die Zunge. Und dann kommt steinige Mineralität, nur um dann wieder von Frucht abgelöst zu werden. Das ist komplex und richtig fein dabei. Es ist kein Geheimnis, dass Sauvignon Blanc und ich nicht die besten Freunde sind. Aber wenn, dann kommt er meistens aus Frankreich und schmeckt so. Weil das ist wirklich toll.
So richtig viel tut sich dann gar nicht über Nacht. Eigentlich praktisch gar nichts. Ich schiebe das mal darauf, dass man hier und da liest, dass man den Wein eigentlich erstmal 10 Jahre in den Keller legen sollte bis er richtig aufdreht. Vielleicht bestelle ich dafür irgendwann nochmal eine Flasche nach. Das ist immer noch ganz fein, komplex und in perfekter Balance aus Frucht, Stein und grünen Noten. Und wenn man die beiden Weine dann so nebeneinander auf dem Tisch stehen hat, dann merkt man so richtig, dass die andere Flasche so eigentlich nicht sein sollte. Tag und Nacht. Umso schöner, dass der Les Blanchais so gut ist.
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