21.7.2024

Zwei Flaschen Von Der Vogelwaide

Wir trinken aus der Wachau in Österreich zwei Flaschen Von der Vogelwaide: Einen Balztanz Rosé 2021 und eine Flasche Frau Welt Blanc 2021.

Zwei Flaschen Wein des Guts Von der Vogelwaide auf einem Holztisch. Die linke Flasche ist ein Rosé mit dem Namen Balztanz und zeigt einen Flamingo auf dem Etikett. Die rechte Flasche ist ein Weißwein mit dem Namen Frau Welt und zeigt einen fliegenden Vogel auf dem Etikett. Im Hintergrund sind ein Weinglas und Bücherstapel zu sehen. Vor den Flaschen liegen zwei Korken und ein Kellnermesser.

Vor nicht einmal zwei Wochen im Fazit unseres Ausfluges an die Rheinfront in Rheinhessen hatten wir es davon, wie viele Gläser nicht nach dem Wein, sondern eigentlich nach dem Etikett ausgestreckt wurden. Ich habe nicht den Hauch eines Zweifels, dass es diesen beiden Flaschen genau so ergangen wäre. Da sich das direkt aufs Einkaufen im Internet übertragen lässt, wissen wir alle, warum diese Flaschen hier stehen. Die Wachau gehört, auch wenn ich die Flasche vom Nikolaihof sehr mochte, eigentlich nicht unbedingt in mein Beuteschema. Ich kann gar nicht so genau sagen warum, weil ich, abgesehen von diesen dann jetzt drei Flaschen, wirklich wenig Wachau getrunken habe. Das ist unterbewusst garantiert so ein Ruf-Ding, so ein bisschen wie bei den Rebsorten. Wachau assoziiere ich mit (vielleicht zu) viel Wein im Glas, böse Zungen würden fett sagen, ein bisschen angestaubt, altbacken und irgendwie anstrengend. Egal wie richtig oder falsch dieses Image ist, Daniel Vogelwaid und Michael Donabaum hatten damit nichts am Hut. Erst 2019 gründeten sie zusammen Von der Vogelwaide, das sich weder Weingut, noch Chateau noch Domäne nennen möchte. Daniel kommt ursprünglich aus Württemberg und hat nach einer Lehre bei Wöhrwag und dem Studium in Geisenheim eine ziemlich beeindruckende Liste an Arbeitsstätten angesammelt. Domaine de l’Horizon in Südfrankreich, Jean Louis Chave an der Rhône, Comtes Lafon im Burgund, Château Palmer in Bordeaux und Helmut Dolde im schönen Linsenhofen nicht weit von hier sind darunter. Gerade die Rhône hat es ihm sehr angetan und so wird es in den nächsten Jahren auch eigenen Syrah geben. Michael ist in der Wachau verwurzelt und auf dem elterlichen Weingut aufgewachsen, hat in Krems Weinbau gelernt und bei Franz Hirtzberger, von Winning, Peter Skoff und Tokara in Südafrika, gearbeitet. Eigene Weinberge hatte er aber trotzdem keine zur Verfügung. Dafür natürlich Kontakte. Und was macht man, wenn man gründet, aber noch keine Weinberge hat? Richtig: “Suchen Weingärten, auch schwer zugängliche Grundstücke und Brachen” quer durchs Gebiet plakatieren und die Weinberge, sorry Weingärten, unter Dornen und Gestrüpp ausgraben und teilweise neu bepflanzen. So sind inzwischen etwa drei Hektar Land zusammengekommen, die biodynamisch bewirtschaftet werden. Der Rosé mit dem Pelikan auf der Flasche, Balztanz, ist eine Cuvée aus Zweigelt und Merlot aus dem Jahr 2021. Der Weißwein mit der Schwalbe auf der Flasche, Frau Welt, ist eine Cuvée aus gleichem Jahr aus Neuburger, Riesling und grünem Veltliner. Alle Weingärten werden von Hand bewirtschaftet, die Trauben spontan vergoren und in teilweise kleinem Holz ausgebaut. Ungewohnt für die Wachau und wenn man eine Klassifizierung auf die Flasche schreiben möchte auch nicht erlaubt. Aber mit Winzern, die nur wenig auf die Flaschen schreiben dürfen kennen wir uns hier ja aus.

Frau Welt startet nussig mit ein bisschen gepufftem Getreide und sehr zurückhaltender Frucht. Ein paar Äpfel vielleicht, mürbe, eher gelb als grün. Das ist deutlich Strukturwein, der mehr davon lebt, wie er sich anfühlt beim Riechen, wie er an Assoziationen tief im Unterbewusstsein kitzelt, als davon, dass man laut Kirsche rufen möchte. Und so schmeckt er dann auch. Mineralisch, salzig und kühl. Super sauber, geradeaus und mit viel Zug. Das zieht die Backen zusammen, die Zunge (sofern sie das kann) rollt sich und man will direkt nochmal einen Schluck. Brauchen tut man den nicht unbedingt, weil das, was da auf der Zunge passiert noch lange liegen bleibt. Das gefällt mir richtig gut und ist so ziemlich das Gegenteil von jedem Vorurteil, das ich an die Wachau gehabt haben könnte.

Das nussig gepuffte Getreide tritt einen Schritt zurück nach der Nacht im Kühlschrank. Der Wein wird kräuteriger, würziger und auch zitrischer. Die Struktur beim Trinken bleibt genial. Da ist so viel Grip im Wein, so viel Zug und die Zitrusnote taucht auch da wieder auf. Wie Zitronensaft, bei dem man es beim Pressen zu gut gemeint hat und mit zu viel Druck mehr weiße Häutchen mitgenommen hat als man eigentlich wollte. Das ist dann auch der Moment, in dem ich Neuburger in die Suchmaschine des Vertrauens eingebe, weil ich das tatsächlich vorher noch nie gehört habe. Der erste Treffer ist Leberkäse. Da hätte ich zwar auch Lust drauf, im Wein wird der aber nicht stecken. Der nächste Treffer sagt schon in der Zusammenfassung nussiges Aroma und autochthone Sorte der Wachau. Das muss es sein und nussig ist der Wein hier tatsächlich immer noch. Auch wenn Veltliner und Riesling da ein großes Wörtchen mitzureden haben. Ein toller Wein.

Die Reihenfolge des Probieren war nicht besonders gut durchdacht. Der Balztanz tut sich schwer nach Frau Welt. Sehr zurückhaltend, leise, mit ganz feiner Beerenfrucht und auch ein paar Äpfeln muss man schon mit viel Enthusiasmus die Nase ins Glas strecken. Und so richtig greifen lassen will er sich dann doch nicht. Jedes Schwenken ändert den Geruch, kein einziges Mal bekommt man ihn so richtig zugeordnet. Es schmeckt ein bisschen nach Orange und Grapefruit, mit viel Frische und auch hier ist Struktur im Wein. Und das, was ganz leise angefangen hat, wird mit Luft immer intensiver und baut auf der Zunge Schicht um Schicht auf.

Einen mindestens genau so großen Einfluss wie der Sauerstoff hat auch die Temperatur. Das wird besonders deutlich direkt aus dem Kühlschrank an Abend Nummer Zwei. Man muss die Nase wieder tief ins Glas halten. Ein paar Grad mehr und es gibt auch mehr zu riechen. Es gibt so Fruchtgummi-Himbeeren, die so weißes Zeugs in ihrem Kern haben. Ich glaube zumindest, dass es das gibt, die Mittrinkerin ist sich da nicht so sicher. Irgendwie erinnert mich der Wein daran. Zumindest in seiner Frucht. Dann kommen Kräuter und wieder die Grapefruit. Die Säure hat ordentlich Zug und gibt das Tempo vor. Das ist einer dieser Weine, bei denen ich mich frage, warum ich nicht eigentlich viel öfter Rosé trinke. Bis ich mich dann wieder erinnere, wie ganz viel Rosé so schmeckt. Vielleicht ist das letztendlich aber gar nicht so schlimm, weil so eine Flasche dann noch viel heller strahlt.

Ähnliche Beiträge

comments powered by Disqus