Wasenhaus - Vulkan 2018
Wir trinken weiter Burgunder aus Baden: Dieses mal eine Flasche Spätburgunder Vulkan 2018 vom Weingut Wasenhaus.
Wie in der letzten Woche angekündigt, bleiben wir in Baden und bewegen uns dort etwa dreißig Autominuten nach Norden in Richtung Freiburg. Ich habe keine Statistik darüber, welches Weingut wie oft hier im Blog aufgetaucht ist, aber wenn es diese Statistik gäbe, dann dürfte Wasenhaus mit dem jetzt fünften Wein ziemlich weit vorne mitspielen. Dass ich das nicht mit harten Zahlen überprüfen kann, stört mich tatsächlich ein bisschen. Das wird auf jeden Fall ein Projekt für die Zukunft. Schlagworte auf Vordermann bringen und dann mal schauen, was wir eigentlich so trinken jede Woche. Ehrlicherweise habe ich aber auch am Anfang nicht damit gerechnet, so lange durchzuhalten mit dem wöchentlichen Beitrag und deshalb die Tags eher reduziert gehalten. Das rächt sich jetzt zwar, ist jedoch kein unlösbares Problem. Ganz sicher aber ist es ein Problem für Winterabende und nicht für 32 Grad im Dachgeschoss. Ganz im Gegenteil zum Wein heute. Wir haben uns in den letzten Jahren durch die komplette Wasenhaus-Basis getrunken und mit der Flasche Filzen Chardonnay auch schon weiter oben angeklopft. Was noch fehlt ist ein Pinot aus dieser Liga und der steht jetzt auf dem Tisch. Wasenhaus sind immer noch Christoph Wolber und Alexander Götze, die rund um Staufen im Breisgau vor allem Burgundersorten anbauen. Die Trauben für diesen Wein kommen noch ein bisschen nördlicher von Staufen vom Kaiserstuhl und stehen, wie der Name andeutet, auf den dortigen Vulkanböden. Im Jahrgang 2018 sind etwa ein Fünftel ganze Trauben mit in der Maische gelandet. Der Wein wird nach der Gärung für 1,5 Jahre im kleinen Holzfass ausgebaut. Dass wir genau diesen Wein jetzt hier stehen haben ist irgendwie auch Teil der inneren Bewältigungsstrategie, um aufzuhören in meinem Kopf 2018 als “das war ja gerade erst” einzusortieren und es tatsächlich langsam zu trinken. Es wird nicht die einzige Flasche 2018 in dieser Serie bleiben.
Der Vulkan riecht nach gequetschten roten Beeren, Kräutern, Unterholz und Waldboden. Also der Wein, nicht der Kaiserstuhl. Wonach der Kaiserstuhl als inaktiver Vulkan riecht weiß ich nämlich nicht, wonach aktive Vulkane riechen weiß ich dagegen zwar, bin aber froh, dass das hier nicht aus dem Glas blubbert. Das ist kein lauter Wein, aber ein sehr tiefer Wein. Auch nicht beim Trinken. Das ist eher Seide als Schmirgelpapier, da stört nichts und kratzt nichts. Es legt sich einmal überall hin und bleibt da dann erstmal liegen. Der nächste Schluck legt sich dann cremig dazu und verschwindet hinten raus mit viel Blaubeere und minimal Gerbstoff. Und so geht es weiter. Jeder Schluck bringt ein bisschen mehr Frucht, ein bisschen mehr Saftigkeit und ein bisschen mehr Gerbstoff auf die Zunge. Das ist filigran, fein und einfach schön. Die Frucht, die als Blaubeere startet wird dabei immer mehr zur Kirsche und erhält irgendwie einen ätherischen Touch. Das ist tatsächlich ärgerlich schön. Ärgerlich weil die Weine zum Einen immer noch nicht so wirklich einfach zu bekommen sind und zum Anderen der allgemeine Preisanstieg auch vor Wasenhaus keinen Halt gemacht hat. Dazu hat leider auch beigetragen, dass manche vergangene Weinjahrgänge nur ziemlich wenig Menge ergeben haben. Den Winzern sei jeder Euro gegönnt, der Weintrinker überlegt in den letzten Jahren aber sicher länger, wo er auf den Kaufen-Knopf drückt.
Wie zum Trotz an meine Idee 2018 in meinem Kopf als Jahrgang zu etablieren, den ich doch jetzt mal trinken müsste, wirkt der Wein noch frischer am zweiten Abend. Und das war am ersten Abend ja schon super frisch. Da sind immer noch die Beeren und das struppige Unterholz. Aber nur in der Nase. Da ist deutlich mehr Säure jetzt auf der Zunge, es wirkt heller, knackiger, frischer in der Frucht. Da ist Hagebutte und die leichte Kante, die sich im ersten Glas Schluck für Schluck aufbauen musste, die kommt jetzt sofort dazu. Es ist herber, wilder, ungestümer geworden. Wie so oft stellt der Wein mich gleichzeitig vor ein Rätsel. Meistens macht Luft und eine Nacht im Kühlschrank eben das, was ein paar Jahre im Keller machen. Es wird eher weicher, die Saftigkeit und die Säure treten eher zurück als einen großen Schritt ins Rampenlicht zu machen. Hier wirkt Luft eher wie Anti-Aging-Creme, oder zumindest so, wie die Werbung verspricht, dass die Creme wirkt. Wobei das auch Blödsinn ist, weil die einem die Falten ja aus dem Gesicht ziehen soll. Hier ist nichts glatter geworden. Gut ist es aber immer noch. Wirklich, wirklich gut. Und wo ich gestern gesagt hätte, dass man 2018 dann jetzt ruhig angehen darf, da bin ich mir heute nicht mehr so sicher. In meinem Fall war das sowieso die einzige Flasche, so dass sich die Frage nicht stellt. Aber doch habe ich das Gefühl nicht wirklich schlauer zu werden, was die Vorhersage von Weinentwicklung angeht. Das ist wie gesagt, und hier auch oft geschrieben, nicht die erste Flasche, die über Nacht in der Zeit zurückzureisen scheint. Die andere Richtung passiert aber eben auch, öfter sogar. Aber wie soll man wissen, was denn jetzt passieren wird. Und wie viel Anteil hat der Wein daran, die Flasche oder die Lagerbedingung. Wann fängt die tatsächliche Instanz der Flasche wichtiger zu werden als die Gesamtheit aller Flaschen? Zu Altwein liest man ja häufig, dass es da dann keine guten Jahre mehr gibt sondern nur noch gute Flaschen. Von Altwein könnte das was wir so trinken aber nicht weiter entfernt sein. Was, wenn man mehr als eine Flasche besitzt, als guter Indikator dient, ist sicher die Entwicklung des Weins über mehr als einen Abend anzuschauen. Und wenn da schon der erste Abend immer frischer wird, dann steht die Chance gut, dass sich das hält. Aber auch da liegt man hin und wieder falsch und alles fällt über Nacht wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Da hilft wohl nur das, was man in so einem Fall immer tun sollte, wenn man vernünftige Aussagen treffen will. Die Stichprobengröße erhöhen. Für die Wissenschaft und so.