29.9.2024

Antoine Lienhardt - Aux Vignottes 2022

Wir kommen langsam zum Ende der kleinen Runde Weine aus dem Burgund. Diese Woche trinken wir einen Côte de Nuits Villages Aux Vignottes von Antoine Lienhardt aus 2022.

Eine Flasche Wein von Antoine Lienhardt aus dem Jahr 2022. Auf dem Etikett steht in geschwungener Schrift Côte de Nuits Villages und Aux Vignottes. Im Hintergrund sind ein Weinglas und Bücherstapel zu sehen. Vor der Flasche liegt der Korken der Flasche am Kellnermesser.

Nach mit heute acht Wochen Pinot Noir und Chardonnay, erst aus Baden und dann tatsächlich auch aus dem Burgund, reicht es dann langsam für diese Runde und es wird Zeit für ein bisschen Abwechslung. Einen Pfeil habe ich aber noch im Köcher. Dazu dann mehr in der nächsten Woche. Heute bin ich erstmal glücklich, dass wir jetzt auch mal Weine aus einem größeren Umkreis als einem Steinwurf trinken. Die Appelation Côte de Nuits Villages bündelt Weinberge aus mehreren kleinen Dörfern und einer Fläche von etwa 160 Hektar, die tatsächlich ziemlich weit verstreut in der Côte de Nuits liegen und steht weit unten in der Hackordnung der Herkunftsklassifikation. Die Parzelle Vignottes liegt zwischen den beiden Dörfern Comblanchien und Premeaux relativ weit im Süden des Gebiets. Einmal über die Straße und man könnte Clos de la Maréchale und Premier Cru auf die Flasche schreiben und vermutlich noch mehr Geld verlangen. Burgund eben. In Comblanchien liegt auch das Weingut von Antoine Lienhardt, der hier in vierter Generation Wein macht. Einstmals hat einer seiner Vorgänger, Maurice Guyot, angefangen die eigenen Weine als Flaschenwein zu vermarkten und war damit Vorreiter in der Region, bis er sich 1992 in den Ruhestand verabschiedete. Irgendwie lustig, vor allem, wenn man hier in der Genossenschafts-Hochburg Württemberg wohnt, dass auch mit inzwischen so großen Herkunftsnamen auf den Etiketten, die eigene Flaschenweinvermarktung erst eine Generation auf dem Buckel hat. 2011 hat dann Antoine das Weingut übernommen, 2017 ist seine Schwester Héloïse mit eingestiegen. Inzwischen ist die Domaine Ecocert zertifiziert und bewirtschaftet die eigenen Weinberge biologisch. Die Trauben werden von Hand geerntet und mit Stiel und Stängel vergoren.

Eine Mischung aus dunkler Frucht und Heftpflaster kommt einem aus dem Glas entgegen. Penatencreme, Amaro und so gesunder Saft aus dem Reformhaus. Das ist ziemlich kompakt und je mehr man rein riecht, desto weniger kommt man durch. Die ersten paar Minuten verschließt sich das immer mehr. Die Frucht wird immer dunkler, fast schwarz. Ich denke mir, dass ich den Wein allein beim Riechen nicht in die Schublade Spätburgunder gesteckt hätte und nehme den ersten Schluck. Da kommt dann eine feine Kirsche, Säure, Saftigkeit und viel Frische, die so ganz anders ist als das, was die Nase angekündigt hatte. Aber wie so oft, wenn der Wein erstmal auch von hinten an die Geruchszellen ran kommt, dann verändert sich der Duft, wird offener und irgendwie passt dann doch alles ziemlich gut zusammen.

Tag zwei ist anders, aber immer noch ungewöhnlich. Da ist etwas Zuckerwatte und eine Frucht, die jedem Gefühl der Zuordnung einfach durch die Hände rinnt. Wir sitzen uns gegenüber und werfen uns Geschmäcker um die Ohren und sind uns ganz sicher, dass wir das schonmal so gerochen haben. Aber niemand ruft laut ja bei einer Früchte. Und so sitzen wir dann da und trinken und haben auch ohne Zuordnung ziemlich viel Spaß damit. Da ist so ein bisschen Geleefrucht, ein paar dunkle Blüten und frisches Holz, das über diesen Abend immer holziger wird. Beim Trinken hat sich hinter der Säure inzwischen eine gute Portion Gerbstoff positioniert, die auch über den Abend hinweg immer mehr Textur entwickelt, so dass sie sich am Ende des Glases richtig in die Zunge krallt, nur um dann von einer Portion kalten Früchtetee beim nächsten Schluck davon gespült zu werden. Ich will wissen, was da noch kommt und packe die Flasche deshalb zurück in die Kühlung.

Die Veränderung am nächsten Tag ist nochmal enorm. Da ist jetzt Kirsche, Blaubeere und leicht morsches Holz gepaart mit einer ätherischen Duftigkeit. Die Säure erinnert total an das, was eine Hand voll frischer Beeren im Mund macht. Leider gefällt mit der Gerbstoff jetzt am dritten Abend am wenigsten. Der mag sich irgendwie nicht so richtig integrieren und trübt im letzten Bruchteil des Moments bevor der Wein verschwindet das Gesamtbild. Gut ist das trotzdem. Mit einem kleinen Aber dabei. Denn im Kontext der Weine vor ihm, und das schließt Baden mit ein, ist es der schwächste Wein dieser Serie. Trotzdem gut, nur eben mit diesem kleinen Aber versehen. Vielleicht zu jung, vielleicht passiert die Entwicklung Richtung Abend Nummer Drei genau so auch im Keller und in zwei bis drei Jahren wäre mein Bild ein komplett Anderes. Wer weiß. So ist das dann eben auch beim Weintrinken. Wirklich alles ist eine Momentaufnahme und manchmal ist dann das Bessere der Feind des Guten.

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