20.10.2024

Keller - Von der Fels 2020

Wir trinken von Klaus Peter Keller aus Rheinhessen eine Flasche Riesling Von der Fels aus dem Jahr 2020.

Eine Flasche Riesling Von der Fels vom Weingut Keller auf einem Holztisch. Im Hintergrund sind ein Weinglas und Bücherstapel zu sehen. Vor den Flaschen liegt der Korken der Flasche am Kellnermesser.

Wenn man mich fragt, wer der bekannteste deutsche Winzer ist, dann sage ich mit ziemlicher Sicherheit Klaus Peter Keller. Danach taucht dann kurz im Hinterkopf auf, dass ich vielleicht eher Egon Müller hätte sagen sollen, aber dann ist es schon raus. Und die Weine von Egon Müller sind für mich sowieso in preislichen Regionen, die ich nicht auszugeben bereit bin. Das ist gerade auf dem Zweitmarkt und insbesondere beim G-Max bei Klaus Peter Keller natürlich auch der Fall, aber zum Einen waren seine meisten anderen Großen Gewächse, sofern man sie denn ab Weingut bekommt, in den letzten Jahren nicht abgehoben und es gibt ja auch noch Guts- und Ortsweine. Knapp unter 20 Euro waren das dann, die ich für diese Flasche auf den Tisch gelegt habe und das ist eben das, was so ein Zweitwein aus den großen Lagen eigentlich fast überall kostet. Und inzwischen auch leider nicht mehr in dieser Region. Der Von der Fels wird gerne mal als kleiner Bruder des G-Max betitelt, was vermutlich Schwachsinn ist. Beurteilen kann ich es nicht, da der G-Max, der Wein für den man Keller kennt und den es nur in der sagenumwobenen Kellerkiste für treue Kunden gibt, bisher noch nicht vor mir auf dem Tisch gestanden hat und das mit ziemlicher Sicherheit auch nie tun wird. Es klingt aber ein bisschen nach “das läuft ja in der gleichen Fabrik vom gleichen Band, also ist es sicher gleich gut”. Und das ist offensichtlich auch Schwachsinn, denn es ignoriert die Zutaten komplett.

Die Zutaten, also die Trauben, für den Von der Fels kommen von jüngeren Reben aus den Lagen Kirchspiel, Hubacker und Abtserde. Große Namen auf jeden Fall und mit bis zu 25 Jahren Rebstockalter auch schon da, wo manch einer anfängt Alte Reben aufs Etikett zu drucken. Seis drum. Keller ist ein Betrieb, der auf eine Historie seit dem 18. Jahrhundert zurückblicken kann. Der große Aufstieg kam aber erst in den letzten Jahrzehnten. Und egal, was man von der Geheimniskrämerei darum, auf welchem Kartoffelacker der G-Max gewachsen ist, halten mag, wie einverstanden man ist mit dem Zweitmarkt, der Subskriptionspolitik, dem Einfluss auf die restlichen Weinpreise oder was auch immer, es ist denke ich unumstritten, dass Keller dem deutschen Wein international sehr gut getan hat. Und man kann da der nächsten, beziehungsweise aktuellen Generation mit Felix Keller, nur das Beste wünschen und, dass es so weitergeht. Für mich als Hobbyschreiberling war es in jedem Fall unvermeidlich, dass früher oder später eine Flasche der Weine hier auftauchen musste. Und kleiner Bruder hin oder her, es gibt eine innere Erwartungshaltung an diesen Wein.

Straff ist der, wenn man die Nase ins Glas hängt. Da ist feine, gelbe Frucht, sehr frische Mirabellen, kurz hinter der Ziellinie der Reife angekommen. Aber nicht die, die schon kurz vorm Runterfallen sind. Und wer Mirabellen kennt, der weiß, dass dieser Grat ein Schmaler ist. Ein paar Zwetschgen sind da, kurz vor der Reife und ein kleines bisschen Ananas. Dahinter kommen Stein und Mineralik und trotz der Straffheit, der Energie im Wein, ist das gleichzeitig harmonisch und irgendwie einfach schön. So trinkt sich der Riesling dann auch. Viel Zug, saftig und zwar so richtig fruchtsäuresaftig und dahinter mit Substanz und Länge. Das ist Riesling, obviously, aber ihr wisst, was ich meine. Das ist so richtig Riesling einfach und das freut mich.

Es wird würziger in der Nase über Nacht, wird aber nicht laut dabei. Ein Touch Alkohol hat sich inzwischen zur Frucht gesellt, etwas, das am ersten Abend gar nicht da war. Die Frucht wirkt reifer jetzt, cremiger und gleichzeitig wirkt der Wein steiniger. Wenn das minimal Alkoholische nicht wäre, dann wäre das ziemlich großartig. So muss ich sagen, dass ich am ersten Abend die Nase mit mehr Freude ins Glas gesteckt habe. Beim Trinken bringt er weiter den Zug auf die Zunge, die Struktur ist noch mehr geworden und ein bisschen bittere Grapefruit hängt hinten am Gaumen. Dann kommt von der Zungenspitze her eine cremige Note. Das ist immer noch richtig gut, aber an den ersten Abend kann es nicht anschließen. Da hatte der Wein so ein Strahlen, so eine innere Klarheit, die irgendwie nicht mehr da ist. Es ist schon eine Weile her, dass ich einen Wein gerne am ersten Abend komplett leer gemacht hätte. Der ist so einer gerade. Es ist wie oben angesprochen meine erste Flasche Keller oberhalb der Gutsweine. Und ich glaube auch der erste Riesling. Deshalb weiß ich nicht, wie sich die Weine sonst so verhalten. Und tatsächlich verschwindet die Alkoholnote auch ein paar Stunden später wieder. Es wird cremiger, ruhiger, mehr Orange als Grapefruit und es regiert wieder die Harmonie. Tag 1 war trotzdem besser.

Was weder Tag 1 noch Tag 2 haben, sind Reifenoten. Kein bisschen davon. Und auch wenn es schwer in meinen Kopf geht, die Weinlese 2020 ist inzwischen 4 Jahre her. Der Wein dürfte also noch lange im Keller ausharren können. Und überhaupt ist das Meckern auf hohem Niveau. Aber wir Schwaben meckern zum einen gerne und zum anderen ist das auch beruhigend, dass auch hier nur mit Wasser gekocht wird. Ziemlich gutem Wasser allerdings. Gerade für die unter 20 Euro, die das gekostet hat, ist das extrem viel Riesling und es hat wirklich alles, was ich von einem Riesling haben möchte. Und um ganz ehrlich zu sein, jetzt interessiert es mich doch schon sehr, wie das aus einer Flasche mit orangenem Etikett so schmeckt.

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