Bischel - Silvaner Bergen 2021
Wir trinken vom Weingut Bischel eine Flasche Silvaner Bergen 2021 aus Rheinhessen.
Weiter geht die Sommernachlese mit ein paar Weinen aus Rheinhessen. Oder besser gesagt erstmal einem Wein aus Rheinhessen. Am schon weit fortgeschrittenen Maxime Open Tag 1, mit Blick über Nierstein, hat sich dieser Silvaner so sehr in die Erinnerung gebrannt, dass er jetzt diese kleine Reihe eröffnen darf. Man verbindet mental Rheinhessen ziemlich sicher mehr mit Riesling als mit Silvaner und Silvaner vor allem mit Franken. Dabei stehen in Rheinhessen je nach Quelle ungefähr 400 Hektar mehr Silvaner als im Frankenland. Fairerweise ist die gesamte Rebfläche aber auch vier bis fünfmal größer als in Franken, die relative Anbaufläche ist also dementsprechend geringer. Das tut der Tatsache, dass in Sachen Silvaner in Rheinhessen einiges passiert aber keinen Abbruch. Der Weinberg aus dem die Trauben für den Silvaner Bergen stammen, wurde vom Weingut Bischel im Zuge der Auflösung des Betriebs von Michael Teschke gekauft, der insbesondere für seine Silvaner bekannt war. Silvaner hatte ich noch nie von ihm im Glas, dafür aber einen Wein, der aus einer anderen Auflösung stammt, nämlich dem letzten Jahrgang von Von Racknitz, der dann als Landwein P verkauft wurde. So hängt manchmal das Eine mit dem Anderen zusammen und wo etwas aufhört, da startet hin und wieder etwas Neues. Die Reben im Silvanerweinberg wurden in den 60er Jahren gepflanzt, die Trauben werden nach etwas Maischestandzeit in Edelstahl und Holz ausgebaut. Auf der Homepage des Weinguts taucht der Wein gar nicht auf, im aktuellen Jahrgang finde ich nur eine Reserve ohne den Namen Bergen bei einem Händler. Ich weiß also gar nicht so genau, ob es diesen Wein noch oder wieder geben wird und werde die Entwicklung im Auge behalten.
Frisch entkorkt ist der Silvaner eine Mischung aus undurchdringbarer Struktur und Holz. Da war die Flasche bei der Maxime Open wohl schon ein bisschen länger geöffnet. Ganz langsam lichtet sich dann das Dickicht, da kommt Mandarine, tonische Aromen und Salz. Im Mund ist der Wein richtig saftig mit wenig gelber Frucht und deutlich weniger Struktur als man allein vom Riechen hätte vermuten können. Und dann kommt Länge, Länge, Länge. Das ist viel. Das war schon in Rheinhessen viel Wein und so ganz frisch ist das noch ein bisschen mehr. Aber, und das ist die große Kunst, anstrengend ist es nichtmal ein bisschen. Da ist Multivitaminsaft, Cremigkeit und Kernobst. Mich beruhigt mal wieder, dass das, was dort gut war, hier auch gut ist. Ich bereue kurz, dass ich nur eine Flasche bestellt habe, weil das sicher ganz großartig reifen wird. Es ändert jedoch nichts am allgegenwärtigen Thema viel Wein, begrenzt viel Leber. Und so freue ich mich, dass wir den Wein überhaupt da entdeckt haben und auf den zweiten Abend.
Dieser zweite Abend startet unerwartet garstig. Da ist etwas Hopfen, etwas Holz und ungemütliche Ruppigkeit. Zumindest so lange bis man einen Schluck davon im Mund hat. Da ist der Wein cremiger geworden, hat diese Zitrusfrucht aus richtig gutem Naturradler und ein Touch Struktur aus dem Holz und der Maischestandzeit. Überhaupt passt diese Zitrusfrucht ganz toll zum Hopfen in der Nase. Und wenn der Wein sich auf der Zunge ausruht, dann verschwindet auch das Garstige. Das ist immernoch unglaublich dicht, engmaschig und intensiv. Aber es ist auch feiner geworden über Nacht, vielleicht ein bisschen offener, fruchtig, wenn man das bei der Menge Struktur so überhaupt sagen kann. Da ist ganz kurz wieder die Reue über den Kauf einer Einzelflasche. Wenn sich das noch abschmirgelt mit den Jahren, die Frucht noch etwas mehr aus ihrer Höhle gekrochen kommt, die Altersmilde einsetzt. Das wird sicher mal richtig groß. Ist es aber irgendwie auch jetzt schon, man muss sich nur genug damit auseinander setzen. Dürfte man beim VDP in Rheinhessen Silvaner als Grosses Gewächs füllen, das hier wäre ein heißer Kandidat. Darf man aber nicht, denn das ist momentan zumindest Riesling und Spätburgunder vorbehalten. Gegen Ende des Abends kommt eine nussige Note in den Wein und noch mehr Kräuterigkeit. Einzig das Butterkaramel aus den Notizen vom Juli finde ich hier nicht wieder. Ich weiß nicht, wie klug es war mit diesem Wein in die Maxime Nachlese einzusteigen. Das ruiniert jeden möglichen Spannungsbogen, denn viel besser wird es nicht werden können. Aber für genau so etwas liebe ich solche Veranstaltungen. Denn die Bischels hatte ich eigentlich nur für Riesling auf dem Schirm. Und jetzt stehen sie da auch für Silvaner.