22.12.2024

Labet - Trousseau Les Chaseaux 2019

Unser Weihnachtswein für 2024 kommt aus dem Jura. Wir trinken eine Flasche Trousseau Les Chaseaux 2019 von der Domain Labet.

Eine Flasche Trousseau von der Domaine Labet auf einem Holztisch. Im Hintergrund steht ein Stoffweihnachtsbaum und eine Kerze mit einem gefüllten Weinglas, im Vordergrund liegt der passende Korken an einem Kellnermesser.

Zum Glück sieht man nicht, wie ich irgendwie versuche halb versteckt unter dem Tisch mit einer Lampe genug Licht auf die Flasche zu bringen, so dass das Etikett trotz Kerze im Hintergrund noch irgendwie lesbar wird. Das Bildermachsetup hier ist doch sehr laienhaft, so ganz ohne Lightbox oder sonstige Fotomagie. Da ist die frühe Dunkelheit und das eine Fenster hinter der Flasche oft mehr Herausforderung als mir lieb ist und oft rettet die Möglichkeit in der Raw-Datei die Schatten hochzuziehen das Bild. Bei einer 11 Jahre alten Spiegelreflex, ja noch mit Spiegel, sind aber auch dem schnell Grenzen gesetzt. Gemessen daran, bin ich sehr glücklich mit dem Ergebnis. Weihnachtswein, auch auf dem Foto. Zwei Tage zu früh zwar, aber auch darüber bin ich glücklich. Die Weihnachtszeit ist doch immer mehr Marathon als Genusswanderung.

Einen Marathon hat diese Flasche noch nicht hinter sich, eine gewisse Wegstrecke aber durchaus. Wir haben in den letzten Jahren immer wieder ganz wunderbare Weine aus Trousseau getrunken, in der Reife beobachtet haben wir aber genau null davon und ich kann mich auch nicht erinnern, dass mal ein Gereifter dabei war. Eine kurze Suche hier im Archiv bestätigt dann auch noch die dunkle Vorahnung, dass diese Flasche heute Rebsortenpremiere im Blog feiert. Also auch da nichts zu holen in Sachen Vorerfahrung. Trousseau ist auch nicht unbedingt die Sorte, die man häufig im Glas hat. Ich kenne sie eigentlich nur, so wie auch diese Flasche, aus dem Jura. Wikipedia sagt allerdings, dass der größte Bestand der Rebsorte in Portugal unter dem Namen Bastardo im Portwein verschwindet. Eine Portion Nischenwissen um Weinfreunden auf die Nerven zu gehen. Gern geschehen. Der Flaschenreife deutlich entspannter entgegen blicken lässt mich letztlich das Weingut auf dem Etikett. Alles, was ich von Labet bisher im Glas hatte, war wunderbar. Auch und gerade mit ein paar Jahren auf dem Buckel. Gut, so richtig viel war das auch nicht bisher, was daran liegt, dass Labet eines dieser Einhornweingüter ist, die man nur alle Jubeljahre mal käuflich erwerben darf und das auch nur, wenn der Mond richtig steht. Gut, wer da einen Mondkalender hat. Ich gehöre nicht dazu, klicke aber bekanntermaßen schnell. Die Roten scheinen sich immerhin leicht geringerer Beliebtheit zu erfreuen als die Weißen, so dass man auch mit mittelschnellem Klickfinger eine Chance auf einen Einkaufskorbtreffer hat. Die Labet-Flaschen sind auf dem Rückenetikett (ja, ich weiß, eigentlich das Frontetikett, who cares) immer ziemlich auskunftsfreudig. Die Reben wurden 2016 gepflanzt, stehen in 245 Meter Höhe auf Kalkstein und Liasmergel und die Trauben wurden am 18. September 2019 gelesen. Ausbau im kleinen Holzfass, abgefüllt im Juni 2020, 3 Gramm Säure insgesamt, 1 Gramm flüchtige Säure und insgesamt unter 7mg Schwefel.

Angst macht mir die Farbe dann aber doch kurz. Sehr hell, das stört mich weniger, aber auch deutlich Ocker. Oft kein besonders gutes Zeichen. Der wird sich doch wohl nicht heimlich verabschiedet haben. Hat er glücklicherweise nicht. Die Nase ist schön, hat viel echte Kirsche gemischt mit einem Touch künstlich rotem Kirschbonbon, leicht matschigen Beeren und ein paar Gewürzen dabei. Erstaunlich klar, frisch und mit gerade so viel flüchtiger Säure, dass man sie riecht, aber sie eigentlich nirgends aneckt. Und dahinter ein Touch Funk. Beim Trinken spürt man die Flüchtige dann doch deutlicher, sie bleibt dabei jedoch immer auf der Seite der Grenze auf der ich mir nochmal nachschenken möchte. Die Frucht legt sich dann hinterher lange auf der Zunge schlafen und wird dabei noch ein bisschen mehr Fruchtgummi als eh schon, bevor dann noch später Textur und Säure die Türe zu machen. Es gibt zufällig Pasta mit Speck und Tomaten und dazu ist er tatsächlich noch besser als solo. Das ist eben doch ein irgendwie rustikaler Wein. Und der Speck, oder viel eher das Fett daraus, puffert die Säure gut weg, der Rauch aus dem Speck und die Kirsche ergänzen sich ganz wunderbar und man hat das Gefühl, dass da von irgendwoher ein Touch Fruchtsüße ins Spiel kommt, die solo überhaupt gar nicht da ist. Schon lecker. Aber, und das gehört schon auch zur Wahrheit dazu, so richtig werde ich das Gefühl nicht los, dass eine Flasche Roter vom Kleinen Gut oder so da gar nicht so weit weg wäre. Und deutlich einfacher zu bekommen.

Über Nacht bekommt der Trousseau eine ätherische Holzwürze. Sandelholz, Zeder, das Holz eben, das man sich in kleinen Plättchen in den Schrank legt um Motten zu vertreiben. Da ist ein bisschen Lavendel, Zimtstange und Vanilleschote. Das ist tatsächlich viel besser geworden mit dem einen Tag Luft. Auf der Zunge findet man den Wein jetzt irgendwo zwischen Wermut und Amaro, mit Kirsche und ohne Tannin. Negroni ohne die Orange. Und auch ohne den hohen Alkohol natürlich. Da hat sich richtig was getan. Und da ist auch nichts auseinander gefallen, ganz im Gegenteil, die flüchtige Säure ist komplett verschwunden, kein Mäuseln, weniger Dreck. Man wird mit unerwartet viel Tiefe und Komplexität belohnt für diese Nacht Geduld. Ich bin überrascht. Klar, da steht Labet auf dem Papier, aber natural Rotwein aus dem Jura hat einfach schon die Tendenz über Nacht komplett auseinanderzufallen. Da habe ich oft das Verlangen, den Wein schon am ersten Abend bis auf ein winziges Glas zu leeren. Ich bin froh, dass ich das hier nicht gemacht habe. Ein so viel besserer Wein ist das heute. Irgendwie verrückt. Ocker ist er immer noch. Farbe kann häufig so egal sein.

Wir sparen uns die Zweitmarktpreisdiskussion. Auch da ist Rot nicht ganz so krass wie Weiß, aber Wahnsinn ist es trotzdem. Und auch ab Weingut haben die Preise ziemlich angezogen wohl und damit auch für schnell klickende Finger. Und so ganz werde ich den Zwiespalt nicht los. Am ersten Abend war er solo gut. Nicht mehr. Nicht weniger. Zum Essen war er fantastisch, das wäre eine Schwabenmagnum oder Ähnliches aber eben auch gewesen. Am zweiten Abend war er wieder fantastisch. Ganz ohne Essen. Und auf eine Art und Weise fantastisch, bei der ich mir doch schwer tue etwas Ähnliches im Kopf herauszukramen. Und so bin ich am Ende sehr glücklich mit meiner Weihnachtsweinauswahl, mit dieser Flasche Trousseau aus dem Jura. Ein toller Wein. Genießt die Zeit.

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