1.12.2024

Zwei Flaschen Achenbach

Wir trinken aus der Lage Heerkretz vom Weingut Achenbach eine Flasche Riesling 2023 und einen Pinot Noir aus 2021.

Auf einem Holztisch stehen zwei Flaschen Wein vom Weingut Achenbach. Ein Spätburgunder und ein Riesling, jeweils aus der Lage Heerkretz. Im Hintergrund sind ein Weinglas und ein Bücherstapel zu sehen. Vor den Flaschen liegen Korken und Kellnermesser.

Kurz passt man nicht auf und zack, erster Advent. So richtig besinnlich dürfte es aber nicht gewesen sein, als das Paket sehr schnelle Bekanntschaft mit einer harten Oberfläche gemacht hat. Der erste Glasbruch auf dem Weg zu uns seit, ich weiß es gar nicht so genau, sechs Jahren oder so. Und der Erste, der dann auch tatsächlich zugestellt wird. Das ist eine Quote bei der man wohl nicht meckern darf. Und dafür, dass sich da eine Flasche Rotwein im Zwölferkarton verteilt hat und der verbliebene Rest an Flaschen anschließend vom Paketdienst in siebenhundert Schichten Packband gehüllt wurde, ja dafür sieht das doch gar nicht so wild aus. Die beiden Flaschen aus der Heerkretz haben praktisch gar nichts abbekommen. Und diese Überleitungsausfahrt nehmen wir doch direkt, denn auch heute wieder trinken wir Weine, die wir auf der Maxime Open im Sommer entdeckt haben. Und im Gegensatz zur letzten Woche musste ich mich bei der Suche nach Wonsheim nur kurz orientieren, denn das liegt praktisch direkt neben Siefersheim und da weiß ich ganz gut wo das liegt. Frank und Constanza Achenbach mit Familie bewirtschaften hier in der rheinhessischen Schweiz ein bisschen über 20 Hektar und einen kleinen Teil davon in der Heerkretz. Dass die Lage für großartigen Riesling und Spätburgunder taugt, das wissen wir spätestens seit Wagner-Stempel und überhaupt hat mir der Heerkretz Riesling von Achenbachs schon im Sommer gut gefallen. Nur konsequent genau den jetzt nachzuprobieren. Die große Überraschung, die hier aus Gründen nicht auftaucht, spielt sich jedoch am anderen Ende der Qualitätspyramide ab. Huxelrebe Spätlese lieblich. Wenn ich richtig informiert bin, dann dürfte sich da demnächst eine Nachbestellung in Richtung Mama auf den Weg machen. Eine Win-Win Entdeckung.

Man ist dann auch selber Schuld, wenn man den Riesling schon so jung aus der Flasche lässt. 2023 war eben erst gestern gefühlt und das merkt man nach dem Aufschrauben sehr schnell. Der Wein wird im Steilhang handgelesen, mit eigenen Hefen vergoren und im Edelstahl ausgebaut. Immerhin hatte ich eine gewisse Vorahnung, dass das passieren könnte und die Flasche deshalb schon einen Tag früher als geplant aufgedreht. Eine gute Wahl. Das ist sehr hefig mit einem kleinen Stinker irgendwo zwischen reduktivem Flint, Rauch und dunkler Frucht. Und Zug hat es. Das ist so saftig mit knackig grünem Apfel und dann richtig viel Textur hinterher. Da sich trotzdem jeder Schluck noch sehr nach Potential anfühlt wandert der Wein zurück in die Kühlung.

Und das hilft glücklicherweise. Der Riesling ist jetzt klarer in der Nase, steiniger, die Hefe hat sich weit in den Hintergrund verzogen. Der Zug bleibt, dazu kommt jetzt auch Mineralik auf der Zunge. Da ist Limette und die dunkle Erinnerung an einen Tequilla-Shot. Zumindest der Zitrone-Salzrand-Teil davon. So ist das richtig gut und weil uns die weitere Entwicklung jetzt wirklich interessiert, darf ungefähr ein Glas auch nochmal übernachten. Die Entwicklung setzt sich genau so fort. Es wird offener und gleichzeitig steiniger. Wenn ihr eine Flasche davon zu Hause habt oder mit dem Gedanken spielt bald eine Flasche davon zu Hause zu haben, dann kann ich wirklich nur empfehlen den Tag früher aufzumachen oder am Besten gleich für ein paar Jahre vergessen, dass man den Wein überhaupt gekauft hat. Der Wein wird es einem vermutlich sehr danken. Mit viel Luft ist das aber auch jetzt schon toll.

Der Pinot aus 2021 hat da bereits zwei Jahre Vorsprung auch wenn er die zum Großteil im Fass verbracht hat. 30 Monate liegt der Spätburgunder im kleinen Holzfass bevor er auf die Flasche kommt. Und verstecken kann und will der Wein das nicht. Es riecht erst intensiv nach Kirsche und dann kommen immer mehr Holz und Würze, die sich über die Frucht hermachen, gefolgt von etwas Marzipan. Das ist ein bisschen Wuchtbrumme in der Nase, aber tatsächlich nur in der Nase. Trinken tut er sich richtig saftig mit schöner Säure und deutlich weniger Tannin als ich erwartet hätte. Mehr Würze und Struktur als Zungenpelz und einer Kirsche, die sich den im Duft streitig gemachten Platz forsch zurück erobert. Die elegante, ganz feine Klinge ist das nicht, aber so richtig schön ist das irgendwie schon. Gerade die Kirsche, die sich komplett in die Zungenmitte krallt und sich auch vom Gerbstoff da nicht mehr vertreiben lässt. Das hat schon was.

Dem Pinot gefällt die Nacht im Kühlschrank weniger gut als dem Riesling. Es wird ruppiger, die Frucht geht noch mehr zurück beim Riechen, es wird gestrüppig. Mir fehlt die Harmonie, die Mittrinkerin feiert das aber total so. Es ist schlanker, fokussierter, aber, für mich, eben nicht mehr so schön. Die Differenzen am Tisch haben sich am dritten Abend dann wieder erledigt. Es wird wieder runder, harmonischer und ausgeglichener. Frucht und Würze finden wieder zueinander. Deshalb weiß ich nicht so genau, was ich hier empfehlen soll. Gleich trinken oder richtig viel Luft und Zeit geben könnte beides, je nach persönlichem Geschmack, eine Option sein. Ich für mich freue mich, dass mir ein weiteres Weingut daheim genauso gut gefällt wie unterwegs. Denn obwohl ich das jetzt schon ein paar Jahre mache, die Gefahr der Außer-Haus-Rosa-Brille, oder zumindest die Angst davor, die bleibt bestehen. Es ist eben doch etwas anderes Probierglas nach Probierglas durch die Zähne zu spülen und dann auszuspucken oder zu Hause wirklich Zeit für eine Flasche zu haben.

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