Zwei Flaschen Schnaitmann Simonroth
Zum Jahresabschluss wird es wieder lokal und wir trinken von Schnaitmann einen Simonroth Lemberger und einen Simonroth Spätburgunder, jeweils aus 2018.
Diese beiden Weine sind jetzt wirklich die letzten paar Meter Endspurt in Richtung Jahreswechsel. Zumindest hier im Blog, denn am Dienstag wird es dann doch noch die eine oder andere Flasche zum Raclette geben. Wie jedes Jahr. Und weil Traditionen irgendwie was haben, trinken wir zum Jahreswechsel hier wieder lokal. Gut, ganz so lokal wie im letzten Jahr ist es nicht, das scheitert aber auch daran, dass ganz so lokal wie im letzten Jahr echt selten ist. Aber so weit weg ist Fellbach nicht von hier und zum Jahresende den Blick auf die Weinwelt wieder aus der Ferne hierher zurückzuholen finde ich ziemlich charmant. Das legt eine schöne Schleife um das letzte Weinjahr, bevor das Neue wieder mit Getränken niedrigeren Alkoholgehalts starten wird. Neu sind die Weine von Rainer Schnaitmann freilich nicht mehr, weder in der Weinwelt, noch hier im Blog. Das erste Mal war es Riesling, dann Trollinger und sogar Grauburgunder hatten wir im Glas. Und alles war gut, richtig gut. Nur die Weine auf deren Etikett Simonroth steht, die haben sich bisher erfolgreich vor mir versteckt. Bis heute zumindest. Unter der Bezeichnung Simonroth werden im Weingut Schnaitmann schon von Anfang an besonders gute Weine gefüllt. Damals noch ohne Traubenadler, inzwischen sind die Weinberge, aus denen die Trauben für die Weine kommen, als Erste Lage oder Große Lage klassifiziert. Der Lemberger, Jahrgang 2018, wird komplett mit ganzen Trauben spontan vergoren und liegt danach für eineinhalb Jahre in einer Mischung aus kleinen und mittleren Holzfässern mit einem Zehntel Neuholz. Im Spätburgunder, gleicher Jahrgang, werden 80% ganze Trauben vergoren, der Rest wird abgebeert. Anschließend wird der Wein für ebenfalls eineinhalb Jahre in kleinen Holzfässern vergoren mit zwei Fünftel Neuholz.
Der Lemberger wirkt dunkel und sehr würzig. Neben der Würze sind da Trockenpflaumen und Bratengewürze wie Lorbeer und Wachholder. Das ist so ein bisschen trocken in der Nase, nicht im Sinne von ohne Zucker, im Sinne von das Gegenteil zu nass. Wenn man dann den ersten Schluck nimmt, erwischt einen kurz die Säure und dann ebenfalls eher trockenes Tannin und Struktur, die lange weit hinten auf der Zunge verharrt. Da ist Schokolade, ebenfalls Würze und dunkle Kirsche.
Der Wein wird duftiger über Nacht und über all den Aromen, die am ersten Abend schon da waren, liegt jetzt eine ätherisch-duftige Note, die sich gar nicht so leicht festnageln lässt. Man ist bei ätherischer Duftigkeit ja schnell bei Eukalyptus, aber das riecht irgendwie so überhaupt nicht nach Eukalyptus. Es fühlt sich nur so ähnlich an. Schön ist es aber und es steht dem Wein sehr gut. Was er immer noch hat, ist dieses sehr trockene Gefühl nach jedem Schluck. Es ist nicht rau oder struppig, einfach nur sehr trocken. Und für mich ist das gerade der Unterschied zwischen gut und sehr gut. Vielleicht ist der Wein aber auch nur in einer schwierigen Phase heute Abend. Denn mit noch mehr Luft verfliegt das Austrocknende tatsächlich zunehmend. Er ist also eventuell nur ein bisschen mehr Geduld von sehr gut entfernt. Ich mag den Wein trotzdem sehr.
Und auch der Spätburgunder und ich haben keinen leichten Start. Da kommt erstmal nicht viel. Ein bisschen Erde und Frucht, die weit, weit weg ist. Kein gutes Omen so als Silvesterwein. Wären da nicht die nächsten Stunden. Es wird immer fleischiger, rauchiger und die Frucht kommt auch aus ihrer Höhle gekrochen. Die Flasche ist inzwischen über vier Stunden offen, der Wein im Glas steht da auch schon eine Stunde und wird immer mal wieder belüftet. Und es wird besser und besser. Es kommen Sauerkirsche und Saftigkeit. Vielleicht doch kein so schlechtes Omen wie zuerst gedacht.
Die Entwicklung ist dann über Nacht sehr langsam. Es bleibt bei intensiv saftiger Sauerkirsche, Fleischigkeit und Rauch. Und es bleibt dabei, dass ich das so sehr, sehr gerne trinke. Solltet ihr eine Flasche im Keller haben von diesem Wein und mit dem Gedanken spielen, diese jetzt zu öffnen, dann plant genug Zeit für die Belüftung ein. Zumindest diese Flasche hier hat das mehr als nur gebraucht. Belohnt einen dann aber auch reichlich für die entgegen gebrachte Geduld. Der Zug, die Frucht und tatsächlich auch die fleischige Note, das ist eigenständig, auch irgendwie rustikal und genau deshalb vielleicht auch so schön. So kann es dann aufhören mit 2024 und losgehen mit 2025. Und eventuell dazwischen noch ein bisschen Blubberwasser aus dem Nachbarland. Schauen wir mal.