27.1.2025

Zwei Flaschen 1785 Cider

Wir trinken zwei Flaschen vergorenen Apfel von 1785 Cider: Einmal Forêt Noire 2022 und einmal Currant 2023, der zum Apfel noch schwarze Johannisbeeren enthält.

Auf einem Holztisch stehen zwei Flaschen Fruchtschaumwein von 1785 Cider. Im Hintergrund sind ein Weinglas und ein Bücherstapel zu sehen.

Mit einem Tag Verspätung widmen wir uns noch einmal vergorenem Streuobst. Glücklicherweise schlummert ein kleiner Streber in mir und ich hatte schon vorgetrunken, so dass Notizen und Bild nur darauf warteten verarbeitet zu werden. So eine kleine Portion Magen-Darm-Grippe versaut einem nämlich tatsächlich die Lust auf so ziemlich alles, ja, sogar und insbesondere auf Alkohol. Und leider auch aufs Schreiben, denn wer im Bett vor sich hin vegetiert, der kann nicht in die Tasten hauen. Das Vegetieren wird glücklicherweise weniger und zumindest die Lust aufs Schreiben ist wieder da. Die auf Essen und Trinken wird noch ein paar Tage auf sich warten lassen befürchte ich. Immerhin bleibt es wieder da, wo es hingehört, das Essen und Trinken. Ein Schritt in die richtige Richtung. Genau wie der Schritt anderen vergorenen Früchten hier mehr Raum zu geben. Das ist in jedem Falle etwas, das ich übers Jahr verteilt jetzt immer mal wieder machen will. Zu gut finde ich das, was da aus Apfel und Birne gekeltert wird, als dass es hier nicht mehr auftauchen sollte. Den Januar beenden wir mit zwei Apfelschaumweinen von 1785 Cider aus dem Schwarzwald. Es ist nur konsequent, dass nachdem mir Kertelreiter von Christoph Raffelt (wieder) in die Timeline gespült wurde, jetzt 1785 Cider als Entdeckung eben dort an mir vorbei gezogen ist. Geteilt von Kertelreiter. So läuft das oft. Wendy LeBlanc und Patrick Mann haben sich in Seattle kennen gelernt und zu dieser Zeit in der Tech-Branche gearbeitet. Dort war die Cider-Kultur gerade am Aufblühen und die Beiden dachten sich, dass das auch in Europa passieren könnte. Weil auf dem heimischen Hof der Familie Mann in Unterkirnach jede helfende Hand benötigt wurde und die Gelegenheit daher gut war, wurde der Entschluss gefasst wieder nach Deutschland zu ziehen und Streuobst zu verarbeiten. Der Hof ist übrigens Baujahr 1785, daher der Name. Und wie auch im restlichen Bundesland gibt es dort an der östlichen Schwarzwaldgrenze viele alte Streuobstwiesen, die es verdient haben nicht mehr zu verfallen und wieder bewirtschaftet zu werden.

Wendy und Patrick beziehen ihr Obst (mit einer Ausnahme, aber dazu gleich mehr) aus einem Umkreis von etwa 25 Kilometern von unbehandelten Bäumen und produzieren dann je nach Jahr und Ernte mal mehr Getränke aus Apfel, oder auch mal mehr Getränke aus Birne, wie es Wetter und Alternanz der Bäume eben zulassen. Wir probieren zwei Flaschen und nein, der Apfelperlwein mit Hopfen, den sie auch machen, der ist nicht dabei. Apfel und Hopfen hatten wir ja erst. Mitbestellt habe ich den aber natürlich trotzdem und er war der perfekte Abschluss einer minimal eskalierten Weinrunde. Reparaturbier auf Apfelbasis also, probiert das mal, das ist wirklich gut. Weil ich aber der Meinung bin, dass sich Cider ganz hervorragend dazu eignet mit anderen Zutaten vermischt zu werden, trinken wir eine Flasche Currant 2023, bei der der Apfel zusammen mit ganzen schwarzen Johannisbeeren vergoren wird. Und wir probieren den Forêt Noire aus 2022, der die besagte eine Ausnahme im Sortiment ist. Ein Teil der Früchte in diesem Cider kommt von außerhalb der Region, aus Franken um genau zu sein. Zumindest die Bäume stehen dort, denn gepflanzt wurde eine Auswahl an französischen Sorten, die man sonst in Deutschland nur sehr selten findet. Dieser Teil der Cuvée wurde zunächst mit einer Weinhefe vergoren. Der andere Teil der Cuvée stammt aus einem Experiment mit lokalen Früchten, die aber nach französischem Vorbild verarbeitet wurden, wo kurz vor Ende der Spontangärung durch mehrmaliges Abstechen die Gärung abgestoppt wird.

Mit dem Fôret Noire starten wir auch. Würzig ist der beim Riechen und irgendwie strukturiert, fast so, als ob man schon weiß, wie es sich gleich anfühlen wird beim Trinken. Ein bisschen wild hier und da, frisch, der Geruch vom Kerzenziehen und von Kräutern und je länger man die Nase ins Glas hält, desto mürber wird die Apfelfrucht die zwischen dem Rest liegt. Die Struktur schafft dann tatsächlich den Sprung in Richtung Zunge, da ist Textur, frische Säure und ein Apfel irgendwo zwischen süß und sauer. Lang ist das und wenn man den Cider so im Mund hat, dann verändert sich der Duft, wird rauchiger und würziger, während auf der Gegenseite jeder Schluck mehr Zug entwickelt. Das ist kräftig, intensiv und vielleicht tatsächlich irgendwo zwischen den Sachen, die wir diesen Monat schon probiert haben. Irgendwo zwischen Frankreich und Deutschland also. Oder das ist Einbildung, egal, denn richtig gut ist es, egal woher die Sorten stammen.

Die schwarzen Johannisbeeren geben dem Currant eine super Farbe zwischen Erdbeersirup und rostrot. Ich weiß nicht was ich erwartet habe, aber es riecht nach Cassis. Intensiv nach Cassis. Die ersten zwei, drei mal, die man ins Glas riecht kommt da so viel schwarze Johannisbeere raus, so dass neben dem ganzen Cassis keinerlei Platz für Sonstiges bleibt. Cassis ist ja so ein Aroma, das man entweder mag oder eben nicht und weil es so spezifisch ist, ist da dann auch nicht viel zu rütteln. So wie Kümmel, oder Anis oder so. Ich mag Cassis, schon allein aus dem Grund heraus, dass die schwarze Johannisbeere hier im kleinen Obststrauch-Eck Jahr für Jahr Früchte abwirft. Nicht so wie die Stachelbeeren drum herum. Die können mich mal. Aber das ist eine andere Geschichte. Man muss dem Currant ein bisschen Zeit geben, oder auch der eigenen Nase, denn dann lichtet sich der Johanissbeerwald langsam und es wird würziger, mostiger und hier und da scheint der Apfel durch. Das hat dann auch entsprechend Zug beim Trinken. Nicht ganz so viel Zug, wie bei roter Johannisbeere (wer nicht weiß, was ich meine, probiert mal Apfel und Johannisbeere von von Wiesen, das ist dann Lasersäure), aber schon mit ordentlich Kraft. Die Frucht ist auf der Zunge fast noch klarer als sie beim Riechen schon war, das hat einen tollen Gerbstoff, viel Länge und viel Saftigkeit. Das ist richtig lecker und wird wie schon der Fôret Noire mit Luft noch frischer. Die Johannisbeernote rückt gegen Ende der Flasche noch ein bisschen weiter in den Hintergrund, es wird noch apfeliger, mehr Cider, aber nicht schlechter. Einfach anders. Wer auch nur ein bisschen was mit Cassis anfangen kann, dem sei der Currant mehr als ans Herz gelegt. Das ist wirklich tolles Zeug.

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