16.2.2025

Schäfer-Fröhlich - Felsenberg 2017

Weiter geht es mit gereiftem Riesling, der diese Woche von der Nahe kommt. Wir trinken eine Flasche Felsenberg 2017 von Schäfer-Fröhlich.

Auf einem Holztisch steht eine Flasche Felsenberg 2017 von Schäfer-Fröhlich. Im Hintergrund sind ein Weinglas und ein Bücherstapel zu sehen, im Vordergrund liegt der Korken am Kellnermesser.

“Eigentlich trinke ich ja praktisch keinen Riesling mehr” ist so ein Satz, den ich gerne mal auspacke. Ein Satz irgendwo zwischen Wahrheit, Selbstschutz und Lüge. Fakt ist, eine Flasche Riesling einfach so aufziehen, wenn man was zum Essen trinken will oder das, worauf man gerade Lust hat, das passiert tatsächlich fast nie. Und Fakt ist auch, dass wir es eine Zeit lang eventuell ein bisschen übertrieben haben mit der deutschen Leitrebsorte, der hießigen Königin der Weinreben. Und irgendwann ist halt mal gut. Das ist der Anteil Wahrheit. Selbstschutz, weil kein Riesling, wenn man nicht weniger trinkt und vorher fast nur Riesling getrunken hat, automatisch bedeutet, dass eine Türe, nein, ein Scheunentor aufgeht in die restliche Weinwelt. Und bliebe die Rieslingtüre ebenso offen, wo würde das enden. Und Lüge, tja, nach letzter Woche und dem was da noch so folgt, da werde ich mir vermutlich eingestehen müssen, dass ich Riesling doch noch ganz geil finde. Und trinke.

Trinken werden wir dieses mal eine Flasche von der Nahe. Mit dieser Flasche ist die Nahe, die sich mit ihren knapp 4000 Hektar rein flächenmäßig in der Mitte der deutschen Weinbaugebiete einsortiert, dann genau fünf mal hier im Blog aufgetaucht. Unterrepräsentiert also. Man muss ob der Felsen im Namen ein bisschen aufpassen an der Nahe und speziell im Hause Schäfer-Fröhlich. Es gibt nämlich das Bockenauer Felseneck, das Spitzen-GG im Weingut, gelegen in einem Seitental der Nahe und eben den Schlossböckelheimer Felsenberg direkt an der Nahe, als etwas kleineres GG, ebenfalls mit Felsen im Namen. Das Label verschweigt Schlossböckelheim vorne elegant, die internationale Kundschaft wird es dankend goutieren. Es gäbe dann noch Stromberg um auch mehr als einen Berg im Portfolio zu haben. Deutsche Weinlagennamen, ein niemals enden wollender Quell der Freude. “Kleineres GG” will dabei in Relation betrachtet werden, denn auch der Felsenberg kratzt im aktuellen Jahrgang an der 60 Euro Marke, das Felseneck liegt etwa 10 Euro darüber. 2017 waren das beim Felsenberg laut Bestellhistorie noch 34. Sicherlich auch ein Grund für den einleitenden Satz heute. Auf ungefähr 20 Hektar machen Tim Fröhlich und Familie inzwischen Wein rund um die Nahe und können dabei auf über 200 Jahre Familienweinbautradition zurückblicken. Der Riesling nimmt den mit Abstand größten Teil ihrer Flächen ein und steht im Falle dieser Flasche auf Vulkanverwitterungsböden mit Blick direkt auf den Fluss. Die Trauben werden spontan vergoren und dann im großen Holzfass ausgebaut.

Der Wein wirkt die ersten Momente ziemlich reif in der Nase. Das fällt noch mehr auf, wenn wir uns eine Woche zurückversetzen an den extrem frischen, aber tatsächlich ein Jahr älteren Wein von der Mosel. Aber, und das ist in diesem Fall das entscheidende Aber, alt ist da gar nichts. Die Frucht ist einfach gelber, exotischer, irgendwo zwischen Mango und Ananas und mit viel mehr Cremigkeit beim Riechen. Da Riesling und unser Abendessen keine Freunde werden, beschränkt sich das erste Kennenlernen erstmal sowieso auf den Probierschluck. Wir haben wie immer Zeit mitgebracht. Und tatsächlich verändern schon die ersten Stunden ohne Baumrinde im Flaschenhals den Wein ziemlich. Er wird würziger, viel würziger und eine steinige Mineralität stellt sich neben die Frucht. Und die Frucht selbst verändert sich auch, sie wird schwerer greifbar, verwaschener und komplexer. Es passiert ähnlich viel beim Trinken, viel Tiefe, Mineralik und so eine Multivitaminsaftfrucht, die ewig liegen bleibt. Das dürfte einer der Weine der letzten Monate sein, der am längsten noch nachhallt. Die Säure ist da, aber mehr Orange als Zitrone, was nicht heißt, dass es nicht trotzdem richtig saftig wäre. Ein Riesling, der die komplette Idee ich tränke keinen Riesling mehr komplett Lügen straft, der nichts weniger als großartig gerade ist. Ich wüsste auch nicht, was mehr Reife noch besser machen könnte, denke aber gleichzeitig, dass er mindestens nochmal 8 Jahre wegsteckt. Da ist er wieder, einer der Momente, in denen ich gerne mehr als eine Flasche gekauft hätte. Denn auf meiner inneren Weinkarte wird jetzt ein großer, roter Stempel auf den Felsenberg gedrückt: Ausgetrunken. Die Nase aus tausend verschiedenen, dunklen, orangenen und gelben Früchten, dem Stein und der Würze, mehr geht heute nicht. Peak Riesling.

Ich bin ehrlich, ich hätte Entwicklung erwartet über Nacht. Gerade weil die ersten paar Stunden so viel passiert ist. Sogar Verfall hätte ich schweigend akzeptiert, so gut war es am ersten Abend. Getan hat sich aber nichts. Es bleibt genau so, wie es schon 24 Stunden vorher war. Ein Fingerzeig, dass nochmal 8 Jahre wirklich gar kein Problem sein dürften. Aber, und ich wiederhole mich, das ist so dermaßen auf dem Punkt in diesem Moment, dass ich über nichts davon auch nur nachdenken will. Eine großartige Flasche Wein ist das.

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