30.3.2025

Chiussuma - Farinel 2022

Wir trinken aus dem Piemont eine Flasche Farinel 2022 von Chiussuma.

Auf einem Holztisch steht eine Flasche Farinel vom Weingut Chiussuma. Im Hintergrund sind ein Weinglas und ein Bücherstapel zu sehen, im Vordergrund liegt der Korken am Kellnermesser.

Der Weinkauf ist gefährlicher als sonst, wenn mit leicht versetztem Blick von hinten mit auf den Bildschirm gestarrt wird. Zum Einen ist das wie ein zeitverzögerter Text-to-Speech-Overlay, der oder vielmehr die einem alles nochmal vorliest, zum Anderen wird das eigene Ohr hier und da durch ein sehr lautes, sehr nahes “Den will ich” aus der Ruhe gerissen. Und dann will sie den und dann kauft man den halt. Tut sonst zu sehr weh im Ohr. Das geht manchmal schon so weit, dass das Innenohr ganz ohne äußeren Laut beim Vorbeiscrollen sanft zusammenzuckt. Das passiert übrigens fast ausschließlich bei Tieretiketten. Tieretiketten also liebe Winzer, die bringens.

Das Getränk hinter dem Tieretikett kommt heute aus der Region Carema im Piemont. Deutlich unter 100 Hektar Anbaufläche sind an Terassen noch übrig geblieben und diese Fläche auf über 300 Metern über dem Meer ist zum Großteil mit Nebbiolo bestockt. Die Reben wachsen in den Terassen an den traditionellen Pergolas, deren Unterhalt mit Holzbalken und Steinfundamenten nochmal einen Extra-Aufwand bedeutet. Noch kleiner ist die Fläche des Weinguts Chiussuma, das erst 2016 von Matteo und Rudy mit Frau Alessandra gegründet wurde. Gerade einmal drei Hektar Weinberge bewirtschaften sie zusammen. Der Farinel ist der rote Basiswein im Weingut, bei dem sich zum Großteil Nebbiolo, je nach Quelle und Jahrgang, noch ein kleiner Anteil autochthone Ner d’Ala mischt. Ich weiß also nicht ganz genau ob dieser Jahrgang reinsortig oder fast reinsortig ist. Der Wein liegt etwa zwei Wochen auf der Maische und landet dann für eineinhalb Jahre in gebrauchten Holzfässern.

Es riecht ein bisschen nach rotem Früchtetee, beerig und ein Touch Gestrüpp im Hintergrund. Der Wein hat richtig Zug auf der Zunge, ist frisch, saftig und auch da tauchen natürlich die Beeren wieder auf. Entgegen dem, was man Nebbiolo so nachsagt, ist das Tannin handzahm und eher im Hintergrund. Man kann den Wein in ziemlich großen Schlucken seiner Bestimmung zuführen. Das zweite Glas riecht, zusätzlich zu Früchtetee und Gestrüpp, etwas nach Gebäck und Leder. Erstaunlich unkompliziert ist das, ohne aber belanglos zu sein.

Und viel tut sich dann auch nicht über Nacht. Ist ja auch noch extrem jung und vermutlich auch gar nicht dafür gedacht weggelegt zu werden. Eher herb als fruchtig, Kirsche, Beeren und fast noch weniger Tannin auf der Zunge als schon am ersten Abend. Erstaunlicherweise funktioniert der Wein herrvorragend zu Krautschupfnudeln. Das ist ehrlicherweise kein Pairing, auf das ich von selber gekommen wäre. Es ist viel mehr eine glückliche Verkettung zeitlicher Umstände. Die wöchentliche Gemüsekiste lieferte einige Wochen zuvor eine Tüte Sauerkraut, die uns seit dem aus dem Kühlschrank leise “koch mich” entgegen ruft. Und der Geistesblitz Krautschupfnudeln fiel dann auf eben diesen Samstag an dem der Farinel im Kühlschrank wartete. Und was soll ich sagen, es passt einfach. Die Frische, die Frucht und die Würze, zusammen mit den deftigen Schupfnudeln. Perfekt für einen kühlen Samstag Abend in der dunkleren Jahreshälfte.

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