20.4.2025

Vin Noé - Pattaya 2022

Wir trinken eine Flasche Chardonnay Pattaya 2022 von Vin Noé aus dem Burgund.

Auf einem Holztisch steht eine Flasche Pattaya vom Weingut Vin Noé aus dem Burgund. Auf dem schwarz-weiß gehaltenen Etikett reibt eine Hand zwei Finger aneinander. Im Hintergrund sind ein Weinglas und ein Bücherstapel zu sehen, im Vordergrund liegt der Korken am Kellnermesser.

Was für die Liebste das Etikett mit Tieren drauf ist, ist für mich der kleine Schriftzug “Nur eine Flasche pro Kunde” leicht unterhalb des Produktbildes. Ich bin nicht besonders stolz darauf und ich bereue das auch regelmäßig. Aber ich bin nunmal ein einfacher Mensch. Kann ich limitiert Wein kaufen, dann kaufe ich oft limitiert Wein. So ist das halt. Ich bin mir auch gar nicht sicher, ob die Selbstreflektion das besser oder nicht noch viel schlimmer macht. Wie gesagt, so ist das halt. Es hilft auch nicht, dass man diese Labels relativ einfach im großen Strom der Flaschen, die an einem in hippen Feeds vorbei ziehen, wiedererkennen kann. Da haben Agentur oder Winzer einiges richtig gemacht. Das Burgund jedenfalls scheint trotz der absurden Bodenpreise ein gutes Pflaster für winzige Betriebe zu sein, die dann relativ schnell in der Kategorie “Nur eine Flasche pro Kunde” landen. Ob der Größe der Produktionsmenge und auch ob der Anzahl an Erwähnungen in hippen Feeds. Und dann vielleicht irgendwann überhaupt nicht mehr oder nur zu Mondpreisen auf dem Zweitmarkt zu erwerben sind und damit dann genauso schnell von meinem Radar wieder verschwinden wie sie darauf aufgetaucht sind.

Vin Noé wurde 2016 von Jonathan Purcel gegründet. Der ist ursprünglich aus Kalifornien und 2012 nach Frankreich gezogen um Wein zu machen. Nach ein paar Jahren bei Philippe Pacalet war es Zeit fürs eigene Gut. Erst, ebenfalls wie so viele winzige Betriebe dort, nur aus Zukauf. Dann seit 2020 auch mit eigens gepachteten Weinbergen, die er mitsamt Keller von Jean-Jaques Morel übernehmen konnte. Er keltert seine Weine minimalinvasiv. Es wird spontan vergoren, kein Schwefel zugesetzt, kein neues Holz verwendet, nicht geschönt oder gefiltert und auch keine elektrische Pumpe verwendet. Im Gegenzug bekommen die Weine ihre Zeit. Der Pattaya ist ein Chardonnay aus dem Mâconnais, also dem unteren Zipfel Burgund. Gefüllt wird er jedoch als Bourgogne Blanc. Die Trauben werden direkt abgepresst und in 500 Liter Fässern ausgebaut. Ein kleiner Anteil der Beeren durchläuft jedoch eine Kohlesäuregärung, bevor auch diese Trauben gepresst und wieder mit dem Hauptteil des Mostes vermischt werden.

Der Wein riecht sehr nussig mit viel gepufftem Getreide und einer holzigen Note und wirkt noch relativ verschlossen. Die Mund-Nase-Schere ist groß, denn auf der Zunge ist richtig, richtig viel. Ich kann gar nicht so genau sagen von was, aber das, was da ist, da ist viel davon. Es krallt sich fest, zieht über die komplette Zunge von der Spitze bis hinter ans Zäpfchen, ist salzig, texturiert und ein bisschen rauchig oben am Gaumen. Das Gefühl von Rauchpaprika macht sich breit, nur ohne die Paprika. Insgesamt ist da wenig Frucht, etwas Zitrus vielleicht und die Idee saurer Apfelringe. Wenn der Gaumen ein paar Schlücke Zeit hatte zur Akklimatisierung, dann wir es immer saftiger, man spürt die Säure mehr, die anfangs unter der Struktur versteckt geblieben ist. Der Chardonnay ist heute Abend zu 100 Prozent ein Mundgefühl-Wein, der Duft kann da nicht im Ansatz mithalten. Ich bin gespannt, ob Luft das zu ändern vermag.

Es riecht nach Tee am nächsten Tag, Tee mit einem kleinen Schuss Rum dabei. Vielleicht kommt diese Assoziation aber auch davon, dass der Wein immer noch richtig nussig wirkt. Das gepuffte Getreide ist fast vollständig verschwunden, der Wein ist weicher geworden, dunkler. Frucht sucht man zwar weiter vergebens, dafür ist da jetzt Buchweizen und ein paar angegorene Kerngehäuse. Ohne dabei in irgendeiner Form “Natural” zu wirken, obwohl die Machart das natürlich hergeben würde. Keine flüchtige Säure, keine Maus, nichts Unsauberes. Ich kann mir vorstellen, dass der Wein mit dem richtigen Essen noch mehr aufblüht als er das alleine schon tut. Ein Flammkuchen oder eine Dinnede kann ich mir gut vorstellen, die den Rauch etwas aufnehmen, die Struktur abfangen und vielleicht die Türe hinter diese Struktur etwas weiter aufmachen würde. Reife könnte das auch bewirken, aber ohne jede Erfahrung wie diese Weine reifen, will ich da auch keine Vorhersagen machen. Versteht mich nicht falsch, ich mag den Wein gerne, sehr gerne sogar, aber gerade heute am zweiten Abend eher so auf einem intellektuellen Niveau und nicht so sehr auf der emotionalen Ebene. Mir fehlt der Drang direkt nach noch einer Flasche die Augen aufzusperren, aber gleichzeitig habe ich trotzdem großes Interesse daran, wie das denn reifen könnte. Es ist schwierig heute zwischen mir und dem Wein. Und tatsächlich auch nur zwischen mir und dem Wein, denn von gegenüber am Tisch kommen nur fragende Blicke. Da ist das Glas schon wieder leer und möchte neu befüllt werden.

Ähnliche Beiträge

comments powered by Disqus