Zwei Rieslinge von Weiser-Künstler
Wir trinken zwei Flaschen Riesling vom Weingut Weiser-Künstler von der Mosel. Ein Trabener Gaispfad aus 2020 und eine Flasche Brut Nature Schaumwein, ebenfalls aus 2020.

Es passiert immer mal wieder, dass ich ein Weingut aus den Augen verliere. Es gibt auch einfach zu viele davon, als dass man irgendwie Schritt halten könnte und gerade wenn man, wie wir, möglichst viel Verschiedenes probieren will, dann ist das automatisch auch der natürliche Lauf der Dinge. Wir sind damit vermutlich ein bisschen sowas wie Problemkunden, denn dass wir auf einen Hof fahren und den Kofferraum vollladen, nein, das passiert eigentlich nie. Es sind viel mehr hier mal drei Einzelflaschen, dort mal zwei Einzelflaschen und da mal zwei Flaschen, falls eine korkt. Und Kork ist ein gutes Stichwort. Wir hatten ganz großartige Flaschen Weiser-Künstler, auch hier im Blog schon. Wir hatten aber auch immer mal wieder echt Pech mit den Korken in den Flaschen. Auch hier im Blog. Vielleicht war das auch ein Grund fürs aus den Augen verlieren. Aber spätestens seit der Eule auf dem Schaumwein ist das Weingut wieder auf der inneren Liste vertreten. Ihr erinnert euch an letzte Woche: Tieretiketten. Da kommt jemand hier im Haushalt nur schwer dran vorbei. Der Riesling für die beiden Weine steht immer noch in den steilen Schieferhängen an der Mosel. Und er wird dort von Alexandra Künstler und Konstantin Weiser liebevoll und ökologisch gehegt und gepflegt. Im Gaispfad wachsen die Reben mit Blick gen Westen auf der Traben-Trarbach gegenüber liegenden Flussseite. Alle Trauben werden spontan vergoren und liegen lange auf der Hefe bevor sie gefüllt werden. Der Schaumwein kommt ohne Dosage auf die Flasche.
Wie schon der 2015er beim letzten mal sagt auch beim 2020er Jahrgang im Gaispfad erstmal ein ordentlicher Reduktionsstinker Guten Tag. Da ist eine Mischung aus Flint und Hefe in der Nase, die ich nach den paar Jahren auf der Flasche in dieser Intensität nicht mehr erwartet hätte. Der Wein ist die ersten Minuten extrem kompakt, beim Riechen und auch beim Trinken. Man kommt gar nicht richtig durch und dann macht er ganz langsam auf. In der Zungenmitte ist fruchtige Säure und etwas gelbe Frucht und dahinter dann wieder diese kompakte Struktur, die einen nicht durchlassen möchte. Das braucht tatsächlich Zeit oder eine Karaffe.
Eine Nacht im Kühlschrank lässt den Stinker zwar nicht verschwinden, verkürzt aber die Zeit, die er braucht um offener zu wirken doch deutlich. Jetzt hilft es den Wein ein paar intensive Runden im Glas drehen zu lassen um der Entwicklung unter die Arme zu greifen. Die steinige Würze und die gelbe Rieslingfrucht halten sich inzwischen beim Riechen die Waage. Es wirkt cremiger auf der Zunge, charmanter. Das ist so klar jetzt, saftig und lang. Lustigerweise kommt der Riesling irgendwie zurückhaltend rüber und das obwohl er am Anfang einem wirklich direkt ins Gesicht gesprungen ist. Das liegt da jetzt einfach und wenn man nicht hin schmeckt, bemerkt man vielleicht gar nicht wie lange es liegen bleibt. Der Duft wird immer gelber, mehr Aprikose, mehr Pfirsich und fast schon süß inzwischen. Das ist stark und ich bin froh, dass wir das Weingut nicht irgendwie verdrängt hatten. Ein ganz toller Moselriesling ist das.
Der Sekt zieht schon beim Riechen. Aber nicht auf die ruppige Art und Weise. Da ist Rieslingfrucht, viel gelbes Steinobst, Stein, Hefe und ein paar angelaufene Apfelschalen. Beim Trinken blubbert es wunderschön fein die Zunge entlang und dann kommt eine so enorm frisch und fruchtige Säure, die die Zunge gar nicht mehr loslassen will. Leer wird der Mund sowieso nicht mehr, so wie der Sabber einem zusammenläuft. Und irgendwo dazwischen hat jemand eine Tüte saure Apfelringe offen stehen gelassen. Das ist enorm guter Rieslingsekt, der gar nicht erst versucht zu verstecken, dass er Rieslingsekt ist. Das ist so strahlend, so klar, so geradeaus. Wir trinken zwar viel Schaumwein, aber Rieslingsekt kommt dabei oft zu kurz. Der hier wirft die Frage auf, warum eigentlich. Mit Luft wird es auch hier gelber in der Nase und riecht mehr nach Gebäck. Ich denke, dass die Hefe jetzt mehr durchschlägt, dem Zug und der Frische aber nie auch nur im Ansatz das Wasser reichen kann. Ich bin wirklich begeistert. Wir hatten erst vor kurzem den herausragend guten Rieslingschäumer der Seckingers im Glas, der viel mehr über die Struktur und das ultra lange Hefelager kam, die Eule hier kommt mehr über die Frucht, die Frische und den Stein. Ich will mich nicht entscheiden müssen, was mir mehr gefällt. Glücklicherweise muss ich das ja gar nicht. Ich trinke einfach beide.